Berlin. Arbeitsminister Heil legt Vorschläge für eine Reform des Arbeitszeitgesetzes vor. Die Zettelwirtschaft soll enden – aber nicht überall.

Die Arbeitgeber in Deutschland müssen künftig in jedem Fall die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten transparent und nachprüfbar aufzeichnen – und zwar im Regelfall elektronisch. Abweichungen davon sollen nur in Ausnahmefällen möglich sein. Das sieht ein erster Entwurf für eine Reform des Arbeitszeitgesetzes aus dem Haus von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, der unserer Redaktion vorliegt. Heil reagiert damit auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem vergangenen Jahr.

In dem Entwurf, der nun mit den anderen Ministerien diskutiert wird, heißt es unter anderem: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen.“ Dies könne auch durch den Beschäftigten selbst oder einen Dritten – also etwa Vorgesetzte – geschehen. Der Arbeitgeber bleibe aber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich.

Arbeitszeit: Erfassung kann per Tarifvertrag abweichend geregelt werden

In einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung soll unter anderem festgelegt werden können, dass die Aufzeichnung auch „in nichtelektronischer Form“ erfolgen kann, das heißt also auf Papier. Für Arbeitgeber mit weniger als 250 Beschäftigten soll diese Regelung aber erst nach einer Übergangszeit von zwei Jahren bindend sein, für Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten nach fünf Jahren. Wenn ein Arbeitgeber weniger als zehn Arbeitnehmer hat, entfällt die Pflicht zur elektronischen Erfassung. Dann kann der Betrieb dauerhaft auf Zettel setzen.

Eine Ausnahme von der Pflicht zur Arbeitszeit-Aufzeichnung soll bei Arbeitnehmern möglich sein, „bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann“. Diese Regelung dürfte für viele Führungskräfte relevant sein oder für Beschäftigte, die bei ihrer Tätigkeit ein hohes Maß an Autonomie genießen.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte im vergangenen September im so genannten „Stechuhr-Urteil“ entschieden, dass die gesamte Arbeitszeit von Beschäftigten aufzuzeichnen ist. Die Richter bezogen sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019, welches zwei einschlägige EU-Richtlinien auslegt. Heil kündigte nach dem Spruch des Bundesarbeitsgerichts an, das deutsche Arbeitszeitgesetz präzisieren zu wollen und „praxistaugliche Lösungen“ vorzuschlagen.