Berlin. Das Krisentreffen der Koalition im Kanzleramt, das am Sonntagabend begonnen hatte, wurde am Montagmittag unterbrochen. Das ist bekannt.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihr Spitzengespräch am Montag vorerst unterbrochen. Das Treffen soll am Dienstag fortgesetzt werden, heißt es aus Teilnehmerkreisen.

Das Krisentreffen der Koalition im Kanzleramt, hatte am frühen Sonntagabend begonnen und dauerte am Montagmorgen noch an: Um elf Uhr saß die Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP nach mehr als 16 Stunden Beratungen immer noch zusammen. Am Nachmittag hieß es, das Treffen werde unterbrochen.

Was wird aus Habecks umstrittenen Heizungsplänen, wie schnell geht es beim Autobahnbau vorwärts, was wird aus der Kindergrundsicherung? Am Montagvormittag, so hatte es noch am Abend geheißen, wollen die Koalitionäre ihre Beschlüsse vorstellen. Viele der mehr als 70 strittigen Ampel-Projekte kamen trotz der langen Nacht offenbar gar nicht auf den Tisch. Lesen Sie dazu auch: Nachts im Kanzleramt: Was beim Ampel-Treffen passieren kann

Lange Nacht: Baerbock und Habeck kamen im Jeansjacke und Kapuzenpulli

Die Erwartungen an das Krisentreffen im Kanzleramt waren groß. Was zuletzt beim winterlichen Koalitions-Wochenende auf Schloss Meseberg noch nicht gelungen war, sollte jetzt passieren: Die Grünen wollten gleich mehrere „Knoten durchschlagen“, der Kanzler immerhin „einen kleinen Sprung nach vorne machen“. Gegen 21.30 Uhr, nach den ersten drei Stunden im Kanzleramt, hieß es von Teilnehmern der Sitzung: „Das wird noch lange dauern.“

Viele hatten sich deswegen von vornherein für bequeme Klamotten entschieden, Pulli statt Krawatte, Jeans statt Anzug. Die Grünen rechneten von Beginn an ganz offensichtlich nicht damit, dass die Spitzenleute noch am Abend staatstragend vor die Kameras treten würden, um Beschlüsse zu erklären: Außenministerin Annalena Baerbock kam in Turnschuhen und Jeansjacke am Kanzleramt an, Wirtschaftsminister Robert Habeck mit Kapuzenpulli unterm Jackett.

Bequemer Hoodie statt Krawatte: Bundesfinanzminister Habeck stellt sich auf eine lange Verhandlungsnacht ein.
Bequemer Hoodie statt Krawatte: Bundesfinanzminister Habeck stellt sich auf eine lange Verhandlungsnacht ein. © Sven Käuler/TNN/dpa

Ampel-Krach: Schwere Vorwürfe im Vorfeld des Krisentreffens

Im Vorfeld des Treffens hatten sich vor FDP und Grüne gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht. Hart in der Sache, aggressiv im Ton: FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte Habeck mit Putin verglichen – sich dann aber nach breitem Protest dafür entschuldigt. Habeck seinerseits behauptete, die Grünen seien die einzige Fortschrittspartei in der Koalition und witterte wegen seiner durchgestochenen Heizungspläne Verrat aus den eigenen Ampelreihen.

FDP-Finanzminister Christian Lindner verriss Habecks Heizungspläne umgehend und schickte sie „zurück in die Montagehalle“. Sein Parteifreund, Haushaltspolitiker Christoph Meyer, wiederum verglich Grüne und SPD gleich pauschal mit Alkoholkranken, denen man mit kaltem Entzug mehr Ausgabendisziplin beibringen müsse. Aus der SPD hieß es bissig: Nicht jede verbale Entgleisung der FDP bedürfe einer Kommentierung. Streckenweise klang die Ampel wie einst die Schwarz-Gelbe Koalition, in der man sich am Ende gegenseitig „Wildsau“ und „Gurkentruppe“ an den Kopf warf.

Sitzungsmarathon: Warum eine Einigung so schwer ist

Hintergrund des Streits sind unter anderem fundamental unterschiedliche Ansichten zur Frage, wie die bestehenden Haushaltsmittel genutzt und welche zusätzlichen finanziellen Quellen erschlossen werden sollen. Hinzu kommen parteipolitische Motive: FDP-Parteichef Christian Lindner will sich in vier Wochen beim FDP-Parteitag wiederwählen lassen. Die Wahl selbst steht nicht in Frage, es gibt keinen ernstzunehmenden Konkurrenten. Doch nach fünf verlorenen Landtagswahlen geht die FDP auf dem Zahnfleisch, Erfolge müssen dringend her – und sei es, indem man immer ein bisschen lauter und sichtbarer ist als die anderen.