Berlin . Vereine dürfen Beschlüsse digital fassen. Worauf sie achten müssen, warum es eine “Lücke“ gibt und welche Entscheidungen nichtig waren.

Mitgliederversammlungen in der Vereinskneipe, das war einmal. Vereine und Stiftungen können ihre Mitgliederversammlungen demnächst wieder online abhalten. Wie in den (un)guten alten Corona-Zeiten.

Wie das Homeoffice gehören digitale und hybride Sitzungen zu den Erfahrungen in der Pandemie, die viele offenbar vermissen und beibehalten möchten. Während der Pandemie galt eine Sonderregelung – nicht mal eine Satzungsregelung war erforderlich –, die allerdings zum 31. August 2022 ausgelaufen ist.

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Verein online: Wer einlädt, entscheidet über Präsenzpflicht oder Online-Modus

Offensichtlich wurde der Druck so groß, dass Bundestag und zuletzt der Bundesrat relativ schnell eine Neuregelung auf den Weg brachten. Das Ziel: Jeder Verein sollt auch ohne Satzungsermächtigung hybride Mitgliederversammlungen durchführen können, beziehungsweise ihre Vorstände wiederum Sitzungen abhalten und Beschlüsse fassen.

Im Regelfall gilt: Wer zur Sitzung einlädt, entscheidet und muss allerdings die Kommunikation regeln; sei es über Video, sei es in einer Telefonkonferenz oder Chat. Bei einer hybriden Sitzung können die Teilnehmer selbst darüber befinden, ob sie sich zuschalten lassen oder vor Ort teilnehmen.

Digital tagen im Verein? Da die Regelung nicht rückwirkend ist, droht eine Legalitätslücke

Am vergangenen Freitag passierte die Regelung den Bundesrat. Nun muss noch der Bundespräsident das Gesetz ausfertigen und im Bundesgesetzblatt verkünden. Das war bis Dienstag noch nicht passiert, gilt aber als Formsache. Mit der Veröffentlichung im Gesetzesblatt tritt die Regelung in Kraft, die immerhin schätzungsweise 34 Millionen Menschen in Deutschland betrifft. So viele sind Mitglieder in einem Verein, mehr als ein Drittel der Bevölkerung.

Wie die Rechtsanwältin und Steuerberaterin Eva-Maria Kraus auf der Online-Plattform LTO erklärt, gilt die Regelung nicht rückwirkend. Es bleibe bei der "Lücke" zwischen dem Auslaufen der pandemiebedingten Erleichterungen und dem Inkrafttreten der Neuregelung. Kraus warnt, Organbeschlüsse, die seit dem 1. September 2022 in digitaler Form gefasst wurden, seien nichtig. Es sei denn, es gibt eine Satzungsermächtigung bzw. alle Mitglieder haben zugestimmt. Andernfalls müsse die betreffenden Beschlüsse wiederholt werden; und dann womöglich im Rahmen einer hybriden Sitzung.

Schlechte Zeiten für die Vereinkneipe – Sogar rein virtuelle Sitzungen sind erlaubt

Selbst rein virtuelle Versammlungen/Sitzungen erlaubt, wenn die Mitglieder dies beschließen. Dafür reicht die einfache Mehrheit. Und im Unterschied zur hybriden Versammlung müssen alle Teilnehmer virtuell teilnehmen. Das kann in die Satzung aufgenommen werden; muss aber nicht.

Vereine und Stiftungen können das etwa in einer Geschäftsordnung regeln. Erlässt und ändert das Organ seine Geschäftsordnung selbst, reicht die Änderung der Geschäftsordnung. Ist dafür ein anderes Organ zuständig, muss es nach Einschätzung von Kraus zustimmen, dass es künftig gegebenenfalls . auch virtuell zu tagen.

Völlig anders und davon getrennt sind nach ihrer Analyse Beschlüsse im Umlaufverfahren. Dann werden Beschlüsse außerhalb von Sitzungen im schriftlichen Verfahren gefasst. Anders als bei einer Sitzung gibt es hier keine Aussprache zum Beschlussantrag. Auch von dieser Regelung wurde in der Pandemie rege Gebrauch gemacht.

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