Berlin. Enkeltrick 2.0 heißt die neuste Betrugsmasche auf WhatsApp. Die Fallzahlen steigen. Darum kommen Ermittler und Justiz nicht dagegen an.

Es sieht erst einmal aus wie eine harmlose SMS. „Hallo Mama, mein Handy ist kaputt. Deshalb habe ich eine neue Nummer.” So startet die neue Online-Betrugsmasche, mit der Betrüger ihren Opfern Tausende von Euros aus der Tasche ziehen wollen.

Der klassische Enkeltrick wird ersetzt durch den „Enkeltrick 2.0”. Nach der ersten SMS werden Betroffene gebeten, die neue Nummer abzuspeichern und sich auf WhatsApp bei dem vermeintlich eigenen Kind zu melden.

Kurz danach folgt dann die Bitte nach einer Überweisung. Die Tochter oder der Sohn befände sich in einer Notlage und müsse jetzt sofort eine Rechnung begleichen. Es wird angekündigt, dass das Geld in den nächsten Tagen wieder zurückgezahlt würde. Oft handelt es sich dabei um Beträge von mehreren tausend Euro.

Zahl der Betrugsfälle über WhatsApp steigt weiter an

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen auf den Betrug hereinfallen und große Summen, zumeist an ausländische Konten überweisen.

„Ich kann sehen, dass seit Corona-Zeiten Online Betrugsmaschen, wie dieser „Enkeltrick 2.0“ stetig ansteigen”, sagt Oliver Buttler, Rechtsexperte aus der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Gerade in den letzten Monaten hat der Betrug über SMS und WhatsApp noch einmal deutlich zugenommen.

Von 200 bis 300 Anzeigen im Monat spricht das Landeskriminalamt Berlin im November letzten Jahres. Im Januar und Februar 2023 seien die Zahlen noch einmal gestiegen. Seit dem Jahreswechsel gäbe es 300 bis 400 Fälle im Monat, bestätigt das Landeskriminalamt Berlin unserer Redaktion.

Tipps und Tricks für Whatsapp:

Fehlender Kontakt zur Familie erleichtert Betrug

„Da machen sich die Betrüger leider zu nutzen, dass der Familienverbund nicht mehr so vorhanden ist wie vor 20, 30 Jahren noch”, erklärt Buttler. Heutzutage tausche man sich nicht mehr jeden Tag aus und eine neue Nummer zu haben sei nichts Besonderes, so der Experte von der Verbraucherzentrale. Deshalb fällt dem einen oder anderen der Betrug nicht auf.

Wirklich logisch ist der Betrug nicht immer. So wurden laut Buttler auch schon Leute angeschrieben, die selbst gar keine Kinder haben. Da fliegt die Masche natürlich sofort auf.

Schaden tut das den Tätern häufig nicht. Diese kaufen sich meistens ganze Datensätze aus dem Darknet und schreiben dann auf gut Glück Tausende von Nummern an. Bis sie auf jemanden treffen, der selbst Kinder hat und nicht misstrauisch wird. „Das ist schon eine organisierte Kriminalität”, beschreibt Buttler die Strukturen hinter dem Betrug.

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Der Polizei fehlt es an speziell geschultem Personal

Den Banden auf die Schliche zu kommen, scheint schwierig. Vor allem, weil es der Polizei an Personal fehlt. „Wir brauchen in diesen Bereichen Spezialistinnen und Spezialisten, die das taktische Vorgehen in solchen Ermittlungsverfahren kennen und die Freiräume haben, weiterführende Ermittlungen zu tätigen”, sagt Dirk Peglow, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter.

Bei solchen Fällen reiche es nicht nur, die eingehenden Strafanzeigen abzuarbeiten. Stattdessen müssten die Organisationen dahinter aufgedeckt werden. „Wir haben hier einen enormen Bedarf, was die Qualität, aber auch die Quantität des Personals angeht”, so Peglow.

Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert: „Strafrahmen sollte ausgenutzt werden“

Im Strafgesetzbuch fällt der Online-Betrug unter Paragraf 263. Das Strafmaß reicht von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Der Forderung nach höheren Strafen steht Peglow eher kritisch gegenüber: „Strafandrohungen sind im Prinzip nur begrenzt fähig, präventiv zu wirken. Das ist nicht das Allheilmittel.”

„Vielmehr sollte der bestehende Strafrahmen für solche Taten durch Richterinnen und Richter in den betreffenden Fällen ausgenutzt werden”, fordert Peglow. Er glaubt auch, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich enorm hoch ist.

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Nicht nur bei der Polizei fehle Personal, auch bei den Gerichten: „Wir sollten auch bei der Justiz entsprechende Stellen schaffen, bei der Staatsanwaltschaft insbesondere“, fordert Peglow. „Hier benötigen wir Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die die Zeit haben, sich diesen Ermittlungsverfahren zu widmen”, erklärt er. Die Folge: Wenn nicht genügend Leute da sind, die Zeit und Expertise haben sich mit Online-Betrugsmaschen wie dem Enkeltrick 2.0 auseinanderzusetzen, dann ist mit einem weiteren Anstieg der Fälle zu rechnen.

Von der Betrugsmasche betroffen: So sollten Sie vorgehen

Die Prävention gegen solche Betrugsmaschen wurde in den letzten Jahren verstärkt, trotzdem scheint es immer mehr Menschen zu geben, die auf die Enkeltrick-Nachrichten hereinfallen. Am Ende gilt wie bei allen Online-Betrugsmaschen, dass Betroffene gar nicht auf die Nachrichten reagieren sollten. Im Zweifel sollte man die „neue“ Nummer blockieren und sich auf jeden Fall bei der Polizei melden. Falls bereits Geld überwiesen wurde, dann sollte man sich schnellstmöglich bei der Bank melden. Manchmal gibt es noch die Möglichkeit, eine Überweisung zu stoppen.

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