Berlin. Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni besucht Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Wie reagiert der auf heikle Diskussionsfragen?

Ein Treffen, das mit Spannung erwartet wurde: Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin besucht. Seit mehr als drei Monaten ist die Vorsitzende der Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) im Amt. Obwohl sie im Wahlkampf gegen die EU und Deutschland gewettert hatte, gibt sie sich in Amt und Würden pragmatisch – so auch bei ihrem Antrittsbesuch im Kanzleramt. Lesen Sie auch: Giorgia Meloni: Die Postfaschistin, die Italien regiert

Respektvoll und höflich gaben sich beide Seiten, jedoch nicht betont herzlich. Er nennt sie "Giorgia“, sie ihn "Bundeskanzler“. Begrüßt wurde die 46-Jährige – die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung – mit militärischen Ehren. Nach der großen Begrüßung standen dann aber heikle Themen auf dem Plan: der Krieg in der Ukraine oder die Migrationsfrage. Themen, bei denen zu erwarten gewesen wäre, dass die Ansichten von Scholz und Meloni weit auseinanderliegen könnten. Doch die rechtsextreme Politikerin gibt sich auch in Berlin weiter pragmatisch – und bleibt damit ihrem bisherigen Regierungsstil treu. Auch interessant: 100 Tage Meloni: „Wölfin im Schafspelz“ überrascht Skeptiker

Ob Ukraine-Krieg oder Flüchtlingsfrage: Meloni bleibt pragmatisch

Natürlich müsse die Ukraine militärische Unterstützung erhalten, sagte Meloni. Ihre rechtspopulistischen Koalitionspartner Silvio Berlusconi von der Forza Italia und Matteo Salvini von der Lega stellen sich zwar gern als Putin-Freunde dar. Dennoch erklärte Meloni nun: Diplomatie könne erst dann greifen, wenn zwischen beiden Kriegsparteien ein relatives Gleichgewicht herrsche; erst dann könnten beide Seiten an den Verhandlungstisch gebracht werden.

Auch in der Flüchtlingsfrage waren von ihr keine schrillen Töne zu hören. Nicht Menschenhändler dürften diese Diskussion bestimmen, vielmehr sei eine verantwortungsvolle und solidarische Antwort auf EU-Ebene von Nöten, so Meloni. Allerdings machte sie auch klar, dass in ihren Augen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eher Schutz benötigten als "Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika“.

Grüne fordern von Scholz eine "glasklare" Distanzierung

Obwohl ihre ersten 100 Tage im Amt von viel Pragmatismus geprägt waren, warnen Politiker davor, sich zu sehr auf die Meloni-Regierung einzulassen. Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, forderte eine "glasklare“ Distanzierung Scholz’ von Melonis Politik. "Mit ihrer Europatour will Giorgia Meloni um Zustimmung und Anerkennung für sich als Regierungschefin und für ihr nationalistischen Bündnis werben. Sie bereitet ein konservativ rechtes Bündnis auch unter Einbeziehung von CDU/CSU vor. Die Konsequenz wäre ein Abbau unserer europäischen Demokratie und ein Abbau von Menschenrechten”, sagte der Grüne unserer Redaktion.

CSU-Chef Markus Söder hingegen schließt auf EU-Ebene ein Bündnis der Europäischen Volkspartei (EVP) mit Fratelli d’Italia aus. "Das ist nicht vereinbar, das kann nicht sein, oder auch eine formelle Koalition kann auf keinen Fall gewollt sein“, sagte er der dpa nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. EVP-Präsidenten Manfred Weber, der an der CSU-Sitzung teilgenommen hat, hatte sich in den vergangenen Monaten zwei Mal mit Meloni getroffen und dadurch nicht nur innerhalb der christdemokratischen Parteienfamilie EVP für Irritationen gesorgt.

Scholz und Meloni jedoch betonten nach dem Staatsbesuch die engen Beziehungen beider Länder, die intensive Zusammenarbeit und den Willen, auch weiterhin eng zu kooperieren. In zentralen Fragen scheinen beide derzeit übereinzustimmen. Angesprochen auf ein früheres Interview, in welchem Meloni angeblich über ihre Allergie gegen Deutschland gesprochen habe, lachte die italienische Ministerpräsidentin weg. Daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Das könnte Sie auch interessieren: Giorgia Meloni und Mussolini: Dieses Symbol verrät sie