Berlin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser könnte zugleich Spitzenkandidatin der SPD in Hessen werden. Das kann gut enden – oder auch nicht.

Risiko ist: eine Entscheidung unter Unsicherheit. Politikerinnen und Politiker müssen täglich Risiken kalkulieren, minimieren und Auswege anbieten. Das Wesen der Politik ist Unsicherheits-Management. Und manchmal müssen die Manager selbst ein persönliches Risiko eingehen. So wie Nancy Faeser.

Die Hinweise verdichten sich, dass die amtierende Bundesinnenministerin auch Spitzenkandidatin der SPD in Hessen wird. Im Oktober wird dort gewählt. Am Freitag verkünden die Sozialdemokraten die finale Entscheidung.

Brisant ist die inhaltliche Diskrepanz: zwischen Wahlkampf und Bundesregierung

Dieser Schritt ist gewagt. Schon jetzt säbelt die Konkurrenz gegen Faeser, sie könne am Ende beides nur halb machen: in Berlin regieren und in Hessen wahlkämpfen. Filetiert man aus dem Oppositionsgetöse den Kern heraus, ist die Doppelfunktion in der Tat brisant. Nicht so sehr terminlich, nicht so sehr die zeitliche Belastung. Sondern viel mehr die inhaltliche Diskrepanz beider Ämter.

Christian Unger, Politikkorrespondent
Christian Unger, Politikkorrespondent © Reto Klar | Reto Klar

In Hessen wird es womöglich um Schulpolitik gehen, um bessere Bahnverbindungen und den Bau von Infrastruktur in der hessischen Provinz. Als Innenministerin muss Faeser Zuwanderung steuern, Terroristen bekämpfen, Cybersicherheit gewährleisten. Das ist alles weit weg von Wiesbaden.

Wer ein Risiko eingeht, der kann Schiffbruch erleiden. So wie Norbert Röttgen in der Doppelrolle des Bundesministers und Wahlkämpfers 2012 in Nordrhein-Westfalen. Aber nur wer etwas riskiert, kann auch Erfolg haben. Siegt Faeser in Hessen über die CDU, wäre das ein riesiger Erfolg. Dann heißt es: Alles richtig gemacht – Bekanntheit im Bund genutzt, um lokal zu punkten. Nancy Faeser wird erst im Herbst wissen, ob sie das Risiko richtig kalkuliert hat.

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