Berlin. Bund und Länder einigten sich auf das 49-Euro-Ticket als Nachfolger des 9-Euro-Tickets. Es kommt 2023. Doch viele Fragen sind offen.

Auf den mobilen Sommer 2022 könnte ein mobiles Jahr 2023 folgen: Bund und Länder haben sich auf das 49-Euro-Ticket als Nachfolger des 9-Euro-Tickets geeinigt. Bereits Mitte Oktober hatte es ein "grundsätzliches" Ja zum vergünstigten Tarif für Regional- und Nahverkehr in ganz Deutschland gegeben. Nun werden die Pläne konkreter – doch viele Fragen bleiben offen.

Denn während mit der Entscheidung von Bund und Ländern zumindest die Finanzierung des Projekts stehen dürfte, fehlt nach wie vor ein konkretes Startdatum für das sogenannte "Deutschlandticket". Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, Ziel sei die Einführung zum 1. Januar 2023. Dafür drängt allerdings die Zeit, immerhin gibt es noch viel zu organisieren.

49-Euro-Ticket: Was genau wurde entschieden?

Die wichtigste Neuigkeit dürfte die definitive Entscheidung für das 49-Euro-Ticket sein. Bund und Länder wollen damit an den Erfolg des 9-Euro-Tickets im Sommer anknüpfen und den Nahverkehr attraktiver gestalten. Vor allem Pendlerinnen und Pendler sollen vom Auto auf Busse und Züge umsteigen. Das soll auch helfen, Klimaziele zu erreichen. "Noch nie war es für die Menschen in unserem Land so einfach, Bus und Bahn zu nutzen", sagte Wissing.

Auch zu den Finanzierungsfragen gibt es nun eine Einigung. Der Bund erhöht dauerhaft Regionalisierungsmittel, mit denen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen bestellen. Schon ab 2022 gibt es nun eine Milliarde Euro zusätzlich zum Erhalt und Ausbau des Nahverkehrs. Diese Aufgaben werden jährlich um drei Prozent erhöht.

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Die Länder hatten die Unterstützung zur Bedingung gemacht, damit sie das 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Das neue 49-Euro-Ticket kostet drei Milliarden Euro, Bund und Länder zahlen jeweils die Hälfte. Über die weitere Entwicklung der Regionalisierungsmittel und des Deutschlandtickets für die Zeit ab 2025 wollen Bund und Länder Ende 2024 sprechen.

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    49-Euro-Ticket: Wie lange bleibt das Deutschlandticket?

    Bei den 49 Euro für das Deutschlandticket soll es sich lediglich um einen Einführungspreis handeln. Das Ticket könne anschließend teurer werden, die Verkehrsminister der Länder planen ab dem zweiten Jahr eine "Dynamisierung" in Form eines automatischen Inflationsausgleichs. Das Ticket könnte also über längere Zeit bleiben – nur wie sich der Preis entwickelt, ist ungewiss.

    Wie funktioniert das 49-Euro-Ticket?

    Das digitale, bundesweit gültige 49-Euro-Ticket soll in einem monatlich kündbaren Abonnement kommen. Ob Reisende es auch im Papierformat an einem Automaten kaufen können, ist noch nicht bekannt. Die Entscheidung hängt von den Ländern und Verkehrsbünden ab.

    49-Euro-Ticket: Ab wann soll es kommen?

    "Schnellstmöglich" – so steht es im Beschlusspapier von Bund und Ländern. Wissing sagte zunächst, Ziel sei ein Start zum Jahreswechsel. Es seien Vorarbeiten geleistet worden, aber noch Fragen zu beantworten. Doch ob Wissings Wunsch realisierbar ist, ist fraglich.

    Vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hieß es, ein Start zum 1. Januar wäre wünschenswert, aber zunehmend unrealistisch. Wahrscheinlicher sei eine Einführung zum Ende des ersten Quartals 2023. Auch die Länder müssten in den Parlamenten die Beschlüsse herbeiführen, darauf verwiesen auch die Landesminister.

    Darüber hinaus seien viele weitere Fragen offen, argumentiert der VDV. Das 49-Euro-Ticket sei aufwändiger als das 9-Euro-Ticket, weil es kein monatliches Ticket ist, sondern ein Abonnement.

    Kann das 49-Euro-Ticket an den Erfolg des 9-Euro-Tickets anknüpfen?
    Kann das 49-Euro-Ticket an den Erfolg des 9-Euro-Tickets anknüpfen? © Boris Roessler/dpa

    49-Euro-Ticket: Nutzt es auch Leuten in ländlichen Gebieten?

    Zu Zeiten des 9-Euro-Tickets gab es viel Kritik am öffentlichen Verkehrsangebot in ländlicheren Gebieten. Dort hätten die Bewohnenden wenig Nutzen an der Fahrkarte, so der Tenor. Auch die versprochenen Regionalisierungsmittel zum 49-Euro-Ticket halten viele nach wie vor für nicht ausreichend – allen voran Politiker der CDU.

    Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, kritisierte beispielsweise, mit den in Aussicht gestellten Mitteln sei ein besseres Verkehrsangebot nicht zu machen. "Es droht weiter, dass Fahrpläne ausgedünnt werden müssen", sagte der Oberbürgermeister von Münster der Deutschen Presse-Agentur. "Die Verkehrswende droht damit auf dem Abstellgleis zu landen."

    "Das beste Ticket reicht nicht, wenn der Bus nicht mehr kommt", sagte auch sein Parteikollege, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. Es solle vermieden werden, dass wegen steigender Kosten Bestandsverkehre abbestellt und Linien ausgedünnt werden müssten.

    Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (ebenfalls CDU) kritisierte die Regionalisierungsmittel vor allem vor dem Hintergrund der Energiekrise und der damit verbundenen Kostensteigerungen. Das Geld werde nicht reichen, befürchtete Kretschmer, Strecken würden ausgedünnt oder stillgelegt.

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    Kritik: Ist das 49-Euro-Ticket zu teuer?

    Kritik gibt es auch an der Vereinbarkeit von Armut und Preis des neuen Deutschlandtickets. Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch beklagte gegenüber dieser Redaktion, für viele einkommensschwache Haushalte sei das 49-Euro-Ticket zu teuer. Und die Zusatzgelder für den Verkehrsausbau seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Hier wäre ein 'Wumms' notwendig gewesen", forderte er.

    Seine Parteikollegin, Linken-Chefin Janine Wissler, empfand das 49-Euro-Ticket ebenfalls als zu teuer. Menschen mit niedrigem Einkommen bliebe damit das Recht auf Mobilität vorenthalten. Das bundesweit gültige Nahverkehrsticket begrüßte Wissler dagegen als "wichtigen Schritt".

    Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, lobte zwar die Einigung. "Trotzdem bleiben wir dabei, dass sich 49 Euro nicht alle Menschen leisten können. Deshalb fordern wir weiterhin ein 365-Euro-Ticket."

    49-Euro-Ticket: Warum bleibt es nicht bei 9 Euro?

    Die 9-Euro-Tickets ermöglichten im Sommer jeweils für einen Monat bundesweite Fahrten in Bussen und Bahnen. Nach Branchenangaben wurden rund 52 Millionen verkauft – ein extremer Erfolg. Auf Dauer sei ein solch "extrem günstiger Tarif" aber nicht zu finanzieren, hatte Wissing im Oktober bereits deutlich gemacht.

    Dennoch zeigte sich die Grünen-Verkehrspolitikerin Paula Piechotta optimistisch: "Wir schreiben die Erfolgsgeschichte des 9-Euro-Tickets fort in einer Form, die länger als drei Monate funktionieren kann", sagte sie. "Damit können wir der dringend notwendigen Einhaltung der Klimaziele im Verkehr näherkommen."

    49-Euro-Ticket: Welche Fragen sind noch offen?

    Zum 49-Euro-Ticket sind andere Fragen ebenfalls offen. So fordert der Fahrradclub ADFC, dass Räder in Nahverkehrszügen grundsätzlich kostenlos mitgenommen werden dürfen. Der ADAC verlangte eine Prüfung, ob auch Fernbusse in das Angebot einbezogen werden können. (reba/dpa/afp)

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.