Berlin. Wegen der Corona-Mutationen gilt für Einreisende aus der Moselle ein Beförderungsverbot. Warum es bald ganz Frankreich treffen könnte.

Ab Dienstag – Punkt Mitternacht – gilt das Department Moselle als „Virusvariantengebiet“. Rund um die Metropole Metz gehen schätzungsweise 60 Prozent aller Corona-Infektionen auf die südafrikanische Virus-Mutante zurück.

Die Einstufung, vom Robert Koch-Institut (RKI) einigermaßen überraschend am Sonntag auf die Homepage gestellt, hat für Einreisende Konsequenzen: ein Beförderungsverbot. Fluggesellschaften sowie Bus- und Bahnunternehmen dürfen keine Passagiere mehr transportieren.

Mutationen: Steigen deshalb die Zahlen in Frankreich rapide an?

Deutsche und hierzulande wohnhafte EU-Bürger sowie Berufspendler dürfen zwar weiter einreisen, aber sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Überdies drohen Zustände wie an der Grenze nach Tirol und zur Tschechischen Republik, die streng kontrolliert werden.

Ganz Frankreich könnte bald eine höhere Warnstufe bekommen und als „Hochinzidenzgebiet“, wenn nicht gar als „Virusvariantengebiet“ kategorisiert werden. Worüber in Deutschland an diesem Mittwoch auf Bund-Länder-Ebene beraten wird, das gilt in Frankreich seit Mitte Dezember: umfangreiche Lockerungen, die Geschäfte sind offen.

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Paris hat eine Inzidenz von über 300

Zwei Monate lang war die Situation unauffällig. Aber seit einer Woche häufen sich die Alarmhinweise. Am 23. Februar betrug die Zahl der Neuansteckungen mit Sars-CoV-2 noch 4.646 - danach explodierte sie förmlich. In den nächsten Tagen betrug sie jeweils 20.000 und 31.000 – auf der statistischen Hochebene verharrt sie seither.

Die 7-Tage-Inzidenz auf 100.000 Einwohner beträgt inzwischen laut Johns-Hopkins-Universität 225 Neuinfizierungen. In Paris liegt sie bei 326, in Nizza gar bei 772. Die Reproduktionsrate (R-Wert) beträgt knapp 1. Offiziell firmiert Frankreich beim RKI „nur“ als Risikogebiet. Ab einer Inzidenz von 200 droht die Einstufung als „Hochinzidenzgebiet“ mit den strengeren Auflagen wie zum Beispiel ein Corona-Test schon vor der Einreise.

Südafrikanische Variante dominierend in der Moselle

Die Bundesregierung berät regelmäßig Donnerstags über Updates. Letzte Woche stufte sie Malta hoch, aber nicht Frankreich. Doch wenn der Trend im Nachbarland sich verfestigt, wird man reagieren müssen. In der Moselle wird die Inzidenz mit knapp 286 beziffert - mit der Besonderheit, dass die ansteckendere südafrikanische Variante dort auf dem Vormarsch ist.

In ganz Frankreich beruht fast die Hälfte aller Corona-Infektionen inzwischen auf einer erstmals in Großbritannien aufgetretenen Mutante des Virus, wie Regierungschef Jean Castex mitteilte. Auch diese britische Mutante ist erheblich ansteckender als das ursprüngliche Coronavirus. Es drohe ein „neues epidemiologisches Aufflammen“. Die Entwicklung „erlaubt uns derzeit keine Lockerungen“, so der Premier.

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Grenzkontrollen treffen die Berufspendler hart

In 20 Regionen gilt eine erhöhte Corona-Warnstufe und eine „verstärkte Überwachung“ des Infektionsgeschehens. Frankreich, traditionell ein Zentralstaat, geht in der Corona-Krise lokal und regional differenziert vor.

Die Einstufung als „Virus-Variantengebiet“ geht auf die Corona-Schutzverordnung zurück, die bis zum 3. März gilt und nach Informationen unserer Redaktion verlängert werden soll. Als solche Gebiete zählen eine Reihe von afrikanischen Ländern sowie die europäischen Staaten Großbritannien, Irland, Portugal, Tschechien und neben der Moselle noch die Region Tirol in Österreich.

Beförderungsverbote werden wohl verlängert

An den Landgrenzen nach Tschechien und Tirol wird streng kontrolliert. Politisch muss man Beförderungsverbot und Kontrollen auseinanderhalten. Das Beförderungsverbot tritt automatisch ein, wenn eine Region als Virusvariantengebiet eingestuft – die Kontrollen müssen eigens angeordnet werden.

Doch spricht alles dafür, dass sie insbesondere an der Grenze nach Tschechien eingehalten werden, weil die Inzidenz im Nachbarland bei über 700 liegt. Vermutlich wird die Bundesregierung nicht darum herum kommen, das Grenzregime im Saarland und Rheinland-Pfalz zu verschärfen, den direkten Nachbarn des Departments Moselle. Zunächst will sie auf stationäre Kontrollen verzichten und nur die Schleierfahndung ausbauen.

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Deutschland hat neun Grenzen – und fast 180.000 Pendler

Besonders beschwerlich sind Grenzverschärfungen für Berufspendler, die im Ausland leben und in Deutschland arbeiten. Bei einem Staat wie Deutschland, das neun Nachbarn hat, betrifft das sehr viele Menschen, wie eine Anfrage unserer Redaktion bei der Agentur für Arbeit ergab: knapp 178.000.

Die meisten kommen aus Polen, nämlich 72.267, an zweiter Stelle folgt allerdings schon Frankreich mit 43.551 und an dritter Stelle Tschechien mit 33.084 Berufspendlern. Allein nach Baden-Württemberg pendeln 23.265 Franzosen und nach Bayern wiederum 22.010 Tschechen. Daran erkennt man, dass die Abschottungspolitik, um den Eintrag von Mutationen aus dem Ausland zu bremsen, kaum monatelang durchzuhalten ist.