Berlin. Der Start-Up-Monitor untersucht, wie Unternehmensgründer ticken. Sie sind aktuell vor allem männliche Akademiker. Das soll sich ändern.

Mitte 30, männlich, Akademiker – und seit neustem Grünen-Wähler: Das ist der typische Start-Up-Gründer in Deutschland. Der Bundesverband Deutsche Start-Ups hat am Montag in Berlin gemeinsam mit dem Unternehmensberater PwC und dem Wirtschaftsinformatik-Professor Tobias Kollmann von der Universität Duisburg-Essen den diesjährigen Start-Up-Monitor vorgestellt.

Ein zentrales Ergebnis der Studie, für die 1993 Start-Ups untersucht wurden: Deutschland tritt bei Neugründungen auf der Stelle. Die Gründerquote stagniert auf einem niedrigen Niveau von von 1,1 Gründern pro 100 Erwerbsfähigen. Zu Hochzeiten im Jahr 2001 lag die Quote mal bei 2,9 Prozent.

Start-Ups: Große Koalition kann bei Gründern nicht punkten

„Das Gründungsgeschehen nicht immer weiter ab, das ist auch ein Thema des Risikomanagement. Aber ohne Risiko werden wir am Ende die Verlierer sein“, warnte Thomas Jarzombek, CDU-Politiker und zuständiger Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Um wieder mehr Gründungen zu ermöglichen, müsse man laut Jarzombek auf die Sorgen der Unternehmer eingehen. So fühlen sich laut des Start-Up-Monitors zwei Drittel der Gründer von zu viel Bürokratie gegängelt. Jarzombek verwies in diesem Zuge auf das Bürokratieentlastungsgesetz, mit dem der Wirtschaft eine Milliarde Euro an Bürokratiekosten erspart bleiben sollen.

Die Wahlgunst der Gründer konnte die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD mit diesem Gesetz aber offenbar nicht gewinnen. Laut Start-Up-Monitor schneiden die Regierungsparteien so schlecht ab wie noch nie. Nur 11,7 Prozent der Gründer gaben an, CDU/CSU zu wählen. Die SPD landete sogar nur bei 4,9 Prozent.

Start-Up-Gründer: jung, männlich, Grünen-Wähler

Auch die zuletzt führende Partei für Start-Up-Gründer, die FDP, verliert in der Gunst der Gründer: Im Vergleich zum Vorjahr büßen die Liberalen um zehn Prozentpunkte ein und liegen nur noch bei 27,7 Prozent. Die meisten Gründer wählen in diesem Jahr die Grünen – die sich mit 43,6 Prozent nahezu verdoppeln. Keine Rolle spielen dagegen die Linke (3,6 Prozent) und die AfD (1,6 Prozent) für Gründer.

Der starke Zuspruch für die Grünen lässt sich auch mit einer weiteren Erkenntnis des Monitors erklären: Jedes dritte Start-Up in Deutschland fühlt sich der nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft, der sogenannten Green Economy, zugehörig.

Wenig geändert haben sich dagegen die grundlegenden soziodemografischen Merkmale der Gründer. Diese sind zu 84,3 Prozent männlich und haben ein Durchschnittsalter von 35 Jahren.

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Geringe Frauenquote bremst Potenziale

Für die Studienautoren ist die geringe Frauenquote nicht zufriedenstellend. Diese sei zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,6 Prozent auf nun 15,7 Prozent angestiegen. „Das ist aber ein viel zu geringes Niveau. Wir könnten hier deutlich das Potential steigern, wenn wir mehr Gründerinnen dazu zu bekommen, das Wagnis des eigenen Unternehmens in Angriff zu nehmen“, sagte Wirtschaftsinformatik-Professor Tobias Kollmann.

Um grundsätzlich mehr Menschen zum Gründen zu bewegen, forderte Kollmann die stärke Einbindung des Unternehmertums in die Lehre. So sollte laut Kollmann Unternehmertum ein Pflichtfach in Studiengängen in den Bereichen der Wirtschaftswissenschaften oder Informatik sein.

„Genie und Wahnsinn sind nah beieinander“

„Die Keimzelle von Start-Ups scheint in den Hochschulen zu sein“, sagte Kollmann mit Verweis auf ein Ergebnis des Monitors, wonach 81,7 Prozent der Gründer Akademiker seien.

Auch würden viele Start-Up-Gründer schon in der Schule mit starken Leistungen auffallen. Es gehe aber auch anders: Jeder fünftre Gründer hat Klassenbucheinträge, Verweise oder ist sitzengeblieben. „Genie und Wahnsinn liegen oft nah beieinander“, sagte Kollmann.

Rhein-Ruhr-Region profitiert

Während Berlin Start-Up-Metropole Nummer eins bleibt, holt die Rhein-Ruhr-Region im Gründungsgeschehen auf. 14,3 Prozent der knapp 2.000 befragten Start-Ups haben ihren Hauptsitz in der Rhein-Ruhr-Region, das ist eine Steigerung um 3,1 Prozent im Vorjahr. Dafür könnten zwei Gründe ausschlaggebend sein: Zum einen gaben zwei Drittel der untersuchten Start-Ups an, mit bereits etablierten Unternehmen zu kooperieren – in Nordrhein-Westfalen ist die Unternehmensdichte besonders hoch.

Zum anderen fühlen sich die Gründer neben der Bürokratie von hohen Mieten für ihre Büros gegängelt – hier können günstigere Städte in Nordrhein-Westfalen gegenüber den Gründungsmetropolen Berlin, Hamburg und München punkten.