Berlin. Argentinien bekommt einen Linkskurs: Alberto Fernández gewann die Präsidentenwahl. Doch die Fäden wird Vize Cristina Kirchner ziehen.

Machtwechsel in Argentinien: Für den konservativen Staats- und Regierungschef Mauricio Macri ist nach einer Amtszeit Schluss. Er unterlag bei der Präsidentenwahl am Sonntag dem Mitte-Links-Kandidaten Alberto Fernández. Nach Auszählung in mehr als 95 Prozent der Wahllokale kam Fernández auf rund 48 Prozent der Stimmen. Macri erhielt demnach gut 40 Prozent.

Neue Vizepräsidentin wird Macris direkte Vorgängerin Cristina Kirchner, die von 2007 bis 2015 regiert hatte. Sie und Fernández sind sogenannte Peronisten, gehören also der Justizialistischen Partei an, die seit ihrer Gründung durch Juan Perón im Jahr 1946 die meisten demokratisch gewählten Präsidenten Argentiniens gestellt hat. Gegen Kirchner laufen zudem mehrere Verfahren wegen Korruptionsvorwürfen. Sie ist derzeit Senatorin und genießt daher Immunität. Kirchner wird versuchen, im Hintergrund die Fäden zu ziehen.

Inflation beträgt mehr als 50 Prozent

Macri war es nicht gelungen, die schwere Wirtschaftskrise Argentiniens zu lösen. Die Inflation in der zweitgrößten südamerikanischen Volkswirtschaft beträgt mehr als 50 Prozent, der Staat ist hoch verschuldet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte dem Land im vergangenen Jahr einen Bereitschaftskredit von 57 Milliarden US-Dollar gewährt. Anfang der 2000er-Jahre hatte die Regierung in Buenos Aires den Staatsbankrott verkündet. Viele internationale Investoren – auch aus Deutschland – verloren Geld.

Die Landeswährung Peso hatte nach den Vorwahlen zum wiederholten Male stark abgewertet. Viele Anleger fürchteten offenbar eine Rückkehr Kirchners an die Macht – mit einem strammen Linkskurs und der Verstaatlichung von Unternehmen. Sie steht für eine protektionistische Wirtschaftspolitik und eine konfliktreiche Beziehung zum IWF.

Zentralbank beschränkt den Dollar-Kauf

Fernández gilt als gemäßigt und ist nicht durch solche Vorwürfe belastet. Er war Kabinettschef während der Präsidentschaft von Néstor Kirchner und übte das Amt auch noch in den ersten Monaten der darauf folgenden Amtszeit von Cristina Kirchner aus. Er trat dann aber zurück, weil er mit ihrer Politik nicht einverstanden war.

Argentiniens Zentralbank kündigte nach dem Sieg von Fernandez eine drastische Beschränkung des Dollar-Kaufs für Einzelpersonen an. Bis einschließlich Dezember seien Käufe nur bis zu 200 Dollar pro Monat zulässig, gab die Zentralbank bekannt. Anfang September hatte die Bank eine 10.000-Dollar-Beschränkung zusammen mit anderen Währungskontrollen verhängt, um einen Kursrutsch im Peso einzudämmen.

Gespräche über Staatsanleihen von mehr als 100 Milliarden Dollar

Argentiniens Wahl könnte weitreichende Folgen haben: In einer der größten Ölschiefer-Lagerstätten der Welt, der Vaca Muerta Formation, treibt die argentinische Regierung die Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen weiter voran und mischt damit den globalen Energiehandel auf. Außerdem ist Argentinien einer der weltweit führenden Getreideexporteure und steht kurz vor Restrukturierungsgesprächen mit Gläubigern, einschließlich des Internationalen Währungsfonds, über 100 Milliarden Dollar Staatsanleihen.