Berlin. Manuela Schwesig und Bodo Ramelow wehren sich gegen die Bezeichnung „Unrechtsstaat“ für die DDR. Michael Kretschmer sieht das anders.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat der Einschätzung mehrerer Amtskollegen, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen, entschieden widersprochen. „Die DDR war ein Unrechtsstaat“, sagte Kretschmer unserer Redaktion.

„Es gab keine Meinungsfreiheit, Bürger wurden bespitzelt und eingesperrt, weil sie den Weg in die Freiheit suchten. Der Staat entschied, wer welche Bildung haben durfte, Familien wurden getrennt und die Reisefreiheit war eingeschränkt.“

Zuvor hatte CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring die Ost-Ministerpräsidenten scharf kritisiert, die es abgelehnt hatten, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen. So spreche Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow „lediglich von einem Mangel an Recht und verharmlost damit eine Diktatur, die weder demokratische Wahlen, noch Gewaltenteilung oder eine unabhängige Justiz kannte.“

„Wer sich nicht systemkonform verhielt, für den waren Recht und Gerechtigkeit verloren“, erklärte der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Thüringen, die am 27. Oktober stattfindet.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion stimmt der Großteil der Deutschen der Aussage zu, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. 73,9 Prozent stimmten der Aussage voll und ganz beziehungsweise eher zu. Dabei ist die Wahrnehmung zwischen Ost und West deutlich unterschiedlich.

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In der Umfrage bewerteten 49,2 Prozent der Ostdeutschen die DDR als Unrechtsstaat, also knapp die Hälfte. Dem gegenüber stehen 80,9 Prozent der Westdeutschen, die zu einer solchen Einschätzung kommen.

Bodo Ramelow sieht DDR nicht als Unrechtsstaat

Ramelow hatte unserer Redaktion gesagt, die DDR sei „eindeutig kein Rechtsstaat“ gewesen, den Begriff „Unrechtsstaat“ verbinde er aber ausschließlich mit der Nazi-Herrschaft. In diesem Zusammenhang sei der Rechtsbegriff Unrechtsstaat in den Auschwitz-Prozessen verwendet worden.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich gegen eine Verwendung des Begriffs ausgesprochen: „Die DDR war eine Diktatur. Es fehlte alles, was eine Demokratie ausmacht: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Demonstrationsfreiheit, freie Wahlen, das Recht auf Opposition.“ Der Begriff „Unrechtsstaat“ werde aber von vielen Menschen, die in der DDR gelebt hätten, als herabsetzend empfunden.

„Er wirkt so, als sei das ganze Leben Unrecht gewesen. Wir brauchen aber mehr Respekt vor ostdeutschen Lebensleistungen. Das ist wichtig auch für das Zusammenwachsen von Ost und West“, sagte die SPD-Politikerin.

DDR kein Unrechtsstaat? Äußerungen sorgen nicht nur für Begeisterung

Das sorgt nicht gerade für Begeisterung, vor allem nicht bei Ramelows Koalitionspartner in Thüringen, den Grünen. „Die Linke und ihr Spitzenkandidat müssen hier klar sein – genauso auch die SPD“, erklärte der Grünen-Spitzenkandidat Dirk Adams am Montag.

Ramelow führt seit 2014 in Thüringen eine Koalition aus Linke, SPD und Grünen und wirbt im Wahlkampf zur bevorstehenden Landtagswahl am 27. Oktober offensiv damit, das Bündnis fortsetzen zu wollen. Bevor die rot-rot-grüne Koalition nach der Wahl 2014 geschmiedet wurde, hatte es zwischen den Parteien Auseinandersetzungen um den Begriff „Unrechtsstaat“ in Bezug auf die DDR gegeben.

DDR kein Unrechtsstaat? Schwesig und Ramelow sorgen für Wirbel – Das muss man wissen:

  • Manuela Schwesig (SPD) und Bodo Ramelow (Linke) finden die Bezeichnung Unrechtsstaat in Bezug auf die DDR unpassend
  • Schwesig sagt, viele Ostdeutsche halten den Begriff für herabwürdigend
  • Auch Ramelow äußert sich ähnlich

Später einigte man sich, den Begriff in die Präambel des Koalitionsvertrages aufzunehmen. „Für uns Bündnisgrüne ist die wegweisende Einigung aus der Präambel des bisherigen Koalitionsvertrages auch für die Zukunft nicht verhandelbar“, betonte Adams nun.

DDR ein Unrechtsstaat? Äußerungen sorgen für Wirbel

Der 40. Geburtstag der DDR am 7. Oktober 1989 war die letzte Inszenierung der Führungsriege in Ost-Berlin – mit einem Festprogramm im Palast der Republik, Parade und Fackelzug. Dabei gärte es im Land seit Langem, die Menschen flüchteten massenweise in den Westen. Noch im Oktober trat SED-Generalsekretär Erich Honecker zurück. Am 9. November 1989 fiel die Mauer und besiegelte das Ende der DDR.

30 Jahre später dauert die Debatte an, wie 40 Jahre SED-Diktatur, wie Mauer und Schießbefehl zu bezeichnen seien. War die DDR ein Unrechtsstaat?

DDR: Schwesig sieht Begriff „Unrechtsstaat“ als Herabsetzung

Die DDR sei eine Diktatur gewesen, stellte Schwesig, Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, fest. Der Begriff Unrechtsstaat werde allerdings von vielen Menschen, die in der DDR gelebt hätten, als herabsetzend empfunden.

„Er wirkt so, als sei das ganze Leben Unrecht gewesen“, sagte Schwesig unserer Redaktion. „Wir brauchen aber mehr Respekt vor ostdeutschen Lebensleistungen.“

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Die Debatte, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, hatte gleich nach der Wiedervereinigung begonnen. Bejaht hatten die Frage etwa Kanzlerin Angela Merkel und zuvor der damalige Bundespräsident Roman Herzog.