Biarritz. US-Präsident Trump präsentiert wieder seine Machtspielchen beim G7-Gipfel. Ihm gegenüber stehen Merkel und Macron – und zeigen Kante.
Sind diese gigantischen Gipfeltreffen wie jetzt in Biarritz noch sinnvoll? In einer polarisierten Welt, in der sich noch nicht einmal der Westen einig ist. Man darf diese Frage angesichts der Kosten und des Ergebnisses der Gipfel ruhig stellen.
Kanzlerin Angela Merkel hängte die Erwartungen vor dem Treffen entsprechend tief. Doch sie sagte auch: „Miteinander zu sprechen, ist allemal besser als übereinander“. Stimmt. Und Gastgeber Emmanuel Macron ist in Biarritz tatsächlich einiges gelungen.
Überraschend traf Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif beim G7-Gipfel ein – zu Gesprächen mit dem französischen Außenminister. Es ist eine diplomatische Bewegung im Konflikt mit dem Iran. Allemal besser, als in der Straße von Hormus militärische Optionen mit ungeahnten Folgen zu erproben.
Brände im Amazonas – Macron nahm das Thema auf die G7-Agenda
Und den G7 gelang noch etwas: Die Regenwälder am Amazonas brennen – und damit die Lunge der Erde. 30 Arten sterben täglich unwiederbringlich, schätzen Experten. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, ein knallharter Makler seiner selbst, brandmarkte zunächst Hilfsangebote als Kolonialismus. Dann setzte ein Umdenken ein: „Wir werden entschlossen handeln, um die Feuer unter Kontrolle zu bringen.“ Er beorderte sein Militär in das betroffene Gebiet.
Waldbrände zerstören Amazonas-Regenwald
Es ist ein Sinneswandel. Und nicht die plötzliche Liebe zur Natur macht ihn möglich, sondern seine Klientel, die Rinderzüchter, bekommen Angst. Sie fürchten nicht um den Regenwald, wohl aber um ihre Absatzmärkte und um auf Eis gelegte Handelsabkommen. Kolumbien bat bereits offiziell um internationale Hilfe. Auch dort brennen die Wälder.
Es ist auch ein Erfolg von Macron, der die Brände auf die Agenda des G7-Gipfels nahm und dem Thema damit eine größtmögliche Öffentlichkeit zukommen ließ.
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Bleibt die Frage, ob man mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump noch reden kann? Merkel wird es am Montag erneut versuchen, dann trifft sie direkt auf ihn. Über den europäisch-amerikanischen Beziehungen schweben ebenfalls noch die Drohungen von Auto-Zöllen, Trump brachte nach Biarritz das Willkommensgeschenk mit, einen Tag vor dem Gipfel erneut höhere Zölle gegenüber China anzukündigen. Ein Debakel für die taumelnde Weltwirtschaft.
G7-Gipfel: Alle gegen Donald Trump
Haben die anderen die Kraft, den US-Präsidenten von seinen Machtdemonstrationen abzubringen? Wohl kaum. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Wenn Trump nicht über Twitter, sondern mit Menschen direkt kommunizieren muss, hört er zumindest zu. So gesehen hat Merkel Recht.
Doch das Treffen zeigt auch, dass es in vielen Formaten eine 6:1 Mehrheit gibt – beispielsweise beim Handelsthema oder beim gekündigten Atom-Abkommen mit dem Iran. Die USA haben unter Trump einen Rolle eingenommen, die bei den Partnern oft nur noch zu Kopfschütteln führt. Die Impulsivität des Präsidenten ist für keinen wirklich einzuschätzen.
Die G6 müssen daher stärker den Spagat zwischen der Freundlichkeit zu einem Verbündeten und dem Unverständnis über seine Politik wagen. Zumindest sanfter Druck kann auch im Fall Trumps nicht schaden.
Doch eine positive Nachricht brachte der Gipfel auf jeden Fall. Ungeachtet des drohenden Brexits und des neuen Premierministers Boris Johnson funktioniert die Zusammenarbeit mit den Briten. Auf allen Feldern seien die Gemeinsamkeiten vorhanden, daran habe sich unter Johnson nichts geändert. Es ist ein positives Signal, das von Biarritz ausgeht: Die befürchtete 5:2 Situation, die Trump und Johnson als isolierte Einheit sah, ist ausgeblieben.
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