Brüssel. Ein No-Deal-Brexit soll besser vorbereitet werden, so Experten. Das könnte nach einem britischen EU-Austritt ohne Vertrag passieren.

Die europäische Wirtschaft drängt auf verstärkte Vorbereitungen für einen befürchteten britischen EU-Austritt ohne Vertrag und widerspricht Äußerungen des designierten britischen Premierministers Boris Johnson. „Wir rechnen mit einer steigenden Wahrscheinlichkeit eines No-Deal-Brexit“, sagte der Generaldirektor des führenden EU-Wirtschaftsverbandes Business Europe, Markus Beyrer, unserer Redaktion.

Die Folgen eines No-Deal-Brexit wären „massive Zölle von heute auf morgen“ und entsprechende Kontrollverfahren, warnte Beyrer. „Auch wenn Boris Johnson jetzt das Gegenteil behauptet, in diesem Punkt irrt er: Doch, es wird Zölle geben.“ Johnson hatte vor wenigen Tagen erklärt, die Risiken eines No-Deal würden übertrieben. „Es wird gar keine Zölle geben“, hatte Johnson versichert.

Business Europe gehören nationale Wirtschaftsverbände aus den EU-Staaten und einigen benachbarten Ländern an, aus Deutschland sind der Industrieverband BDI und der Arbeitgeberverband BDA Mitglied.

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Brexit ohne Vertrag besser vorbereiten

Beyrer sagte, ohne Vertrag stürze das Vereinigte Königreich vom Status eines voll integrierten EU-Landes in den absoluten Nicht-Status. „Es gibt kaum ein Land auf der Welt, vielleicht von Nordkorea abgesehen, das einen noch schlechteren Stand an Vereinbarungen mit der EU hätte.“

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Es sei unklar, wie sich verschiedene Probleme bei einem Austritt ohne Vertrag gegenseitig aufschaukeln würden. „Ich fürchte, es wird mehr passieren, als man es sich theoretisch ausmalen kann. Wir versuchen, uns möglichst gut vorzubereiten. Aber am Ende muss man sagen: Nein, auf so etwas kann man nicht wirklich vorbereitet sein. Das wird noch immer unterschätzt.“

Mehr tun könne aber die EU bei ihren Vorbereitungen auf einen Brexit ohne Vertrag, drängte Beyrer. Als Beispiel nannte er die Regelung von Datentransfers. Wenn völlig ungeklärt sei, was mit dem Datenverkehr zwischen Großbritannien und der EU ab 1. November passiere, „dann kommen mehr Dinge zum Erliegen, als notwendig wäre“.

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    Der Wirtschaftsverband hält eine längere Verschiebung des Brexit für „nicht sehr wahrscheinlich“ und auch nur für gerechtfertigt, wenn etwas Grundlegendes passiere – etwa eine Neuwahl oder ein Referendum in Großbritannien. Doch bringt der Verband jetzt eine „technische Verlängerung um zwei Monate“ bis zum Jahresende 2019 ins Gespräch. Der 31. Oktober sei für die Wirtschaft ein denkbar ungünstiger Termin, sagte Beyrer.

    Wenn es doch noch einmal eine neue Verschiebung des Brexit-Datums gibt, wird Ursula von der Leyen nach ihrem Amtsantritt als EU-Kommissionspräsidentin am 1. November eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen über den Brexit spielen. Wenn nicht, wird sie dafür verantwortlich sein, dass mit Großbritannien ein Vertrag über die künftigen Beziehungen mit der EU ausgehandelt wird.

    Boris Johnson wurde am Dienstag von den Konservativen als neuer Premierminister von Großbritannien bestimmt. Er setzte sich bei der innerparteilichen Wahl mit 92.153 Stimmen gegen seinen Rivalen Jeremy Hunt durch, der 46.656 Stimmen erhielt.