Berlin. Haben Mitarbeiter der „Financial Times“ mit Insiderinformationen den Aktienhandel manipuliert? Die Justiz geht dieser Frage nun nach.

Die Auseinandersetzung zwischen dem deutschen Finanzdienstleister Wirecard und der britischen „Financial Times“ hat sich weiter zugespitzt. Das Unternehmen wirft der Wirtschafts- und Finanzzeitung vor, an Marktmanipulationen beteiligt zu sein und fordert sie schriftlich dazu auf, die Berichterstattung über Wirecard einzustellen.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ behauptet die Firma den deutschen und britischen Strafverfolgungsbehörden eine Tonaufzeichnung übergeben zu haben, die „unwiderlegbare Beweise für eine Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern der ,Financial Times‘ und Short-Sellern“ enthalte. Short-Seller sind Investoren, die auf fallende Kurse von Aktien wetten.

Laut „Handelsblatt“ soll die Tonaufzeichnung das Gespräch eines Geschäftsmanns, den die Zeitung Nick X. nennt, mit dem Vertrauten eines anderen Investors enthalten. Darin schlage Nick X. seinem Gesprächspartner vor, fünf Millionen Pfund auf einen Kursverfall der Wirecard-Aktie zu wetten. Er habe Informationen über die bevorstehende Veröffentlichung eines kritischen Artikels der „Financial Times“ über das Unternehmen innerhalb der nächsten 48 Stunden und deshalb ebenfalls fünf Millionen Pfund auf einen Einbruch der Wirecard-Aktie gewettet. Anteile an Wirecard werden im deutschen Aktienindex Dax gehandelt.

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Fall Wirecard: „Financial Times“ spricht von Angriff auf Journalismus

Im Verlauf des Gesprächs behaupte Nick X. in der Vergangenheit schon häufiger auf Basis bevorstehender Artikel der „Financial Times“ gegen die Wirecard-Aktie spekuliert zu haben. Das „Handelsblatt“ konnte Nick X. nicht erreichen. Der Investor, der den Mitschnitt veranlasste und Wirecard hätten sich offiziell nicht äußern wollen. Die Authentizität der Tonaufnahme sei nicht verifiziert.

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    Das „Handelsblatt“ will aber über Unterlagen verfügen, aus denen hervorgeht, dass die „Financial Times“ derzeit tatsächlich einen kritischen Artikel über Wirecard recherchiert. In diesem Zusammenhang habe das Blatt die deutsche Firma mit einer Reihe kritischer Fragen konfrontiert. Wirecard habe darauf „mit einem weiteren Ablenkungsangriff auf den Journalismus der ,Financial Times‘“ reagiert, sagte eine Sprecherin der britischen Zeitung.

    „Es gab keinerlei geheime Absprachen von Journalisten der ,Financial Times‘ mit Short-Sellern oder anderen dritten Parteien was den Inhalt oder den Veröffentlichungszeitpunkt von ,Financial Times‘-Artikeln über Wirecard angeht.“ Im Januar dieses Jahres hatte die „Financial Times“ erstmals über angebliche Unregelmäßigkeiten in der Wirecard-Filiale in Singapur berichtet.

    Staatsanwaltschaft München ermittelt wegen Vorgängen bei Wirecard

    Anfang März räumte das Unternehmen ein, dass sich dortige Mitarbeiter nach lokalem Recht strafbar gemacht haben könnten. Die Berichte der Zeitung hatten regelmäßig Kursstürze der Wirecard-Aktie zur Folge.

    Ein Wirecard-Anleger hatte wegen der Berichterstattung in München Strafanzeige gegen das Blatt gestellt. Die dortige Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb seit Februar gegen Short-Seller und deren Kontaktleute. Im Zuge des Verfahrens reichte Wirecard Zivilklage gegen die „Financial Times“ ein. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin stellte im April Strafanzeige gegen mehrere Personen, unter ihnen auch Journalisten der „Financial Times“.