Brüssel. Ursula von der Leyen will EU-Kommissionschefin werden und wirbt deshalb um Stimmen. Die Grünen konnte sie allerdings nicht überzeugen.

Die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen will im Fall ihrer Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin den Klimaschutz in Europa massiv verstärken und zu einem ihrer Top-Ziele machen. Bei Anhörungen in mehreren Fraktionen des EU-Parlaments vor der Wahl in der kommenden Woche von der Leyen am Mittwoch für deutlich verschärfte Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen.

„Die Zeit läuft, wir müssen ambitionierter sein. Wir sollten 2050 der erste Kontinent sein, der klimaneutral ist“, sagte sie in der Liberalen-Fraktion. Die Liberalen äußerten sich freundlich, klatschen der Kandidatin immer wieder Beifall, aber am Ende stellen sie klare Bedingungen: Von der Leyen soll vor ihrer Wahl unter anderem eine Änderung des Wahlrechts mit dem Spitzenkandidatenprinzip klar und verbindlich zusagen.

Bei den Sozialdemokraten forderte sie hinter verschlossenen Türen nach Informationen unserer Redaktion eine deutliche Erhöhung des Klimaziels in der EU für 2030: Die Treibhausgasemissionen sollten bis dahin im Vergleich zu 1990 nicht wie bisher vereinbart um 40 Prozent zurückgehen, sondern sogar um 50 Prozent reduziert werden.

Dies erfordere Maßnahmen unter anderem in der Luftfahrt und hohe Investitionen in den Mitgliedstaaten, sagte von der Leyen. Mehr Klimaschutz könne aber auch eine riesige Chance für die Wirtschaft in der EU sein, die zum „Frontrunner“ bei Klimaschutz-Technologie sein könne. Die EU-Investitionsbank solle zu einer Klimabank werden. Das Versprechen gilt als eine Geste auch an die Grünen im EU-Parlament, die bisher ihre Zustimmung zu von der Leyen offen lassen; für eine sichere Mehrheit hätte die amtierende Verteidigungsministerin gern die Unterstützung zumindest eines Teils der Grünen-Fraktion.

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Auf welche Stimmen von der Leyen bei der Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin zählen kann

Die Grünen-Fraktion hat der Leyen am späten Nachmittag besucht. Die Anhörung von der Leyens bei den Grünen wurde live im Internet übertragen. Die Grünen pochen wie die Liberalen auf eindeutige Garantien. Viel Arbeit für von der Leyen, die in den nächsten Tagen zudem ihre große Rede im Parlament vorbereiten muss, von der am Dienstag viel abhängen wird.

Später erklärten die Grünen, sie würden von der Leyen nicht mitwählen. Sie sei nicht überzeugend gewesen, die Differenzen seien zu groß, die Pläne beim Klimaschutz unzureichend, sagte Fraktionschefin Ska Keller.

Die Auftritte im EU-Parlament waren das erste Mal, dass von der Leyen sich – zum Teil öffentlich oder halböffentlich – ausführlicher zu ihren Zielen als Kommissionspräsidentin äußerte. Bei der Wahl voraussichtlich am kommenden Dienstag benötigt von der Leyen eine absolute Mehrheit von 375 Stimmen, bislang ist sie nicht gesichert.

Vertraute von der Leyens gehen aber nach Informationen unserer Redaktion davon aus, dass sie als Kandidatin am Ende um die 400 Stimmen erhalten werde, möglicherweise auch mehr. „Aber es bleibt Unsicherheit, sie muss weiter kämpfen“, hieß es. Zu den stärksten Stützen gehören die Christdemokraten und Liberalen. Die Sozialdemokraten erklärten nach ihrem Treffen mit von der Leyen, sie hielten sich eine Wahl offen – die deutschen SPD-Abgeordneten bekräftigten dagegen, sie wollten von der Leyen ablehnen.

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    Von der Leyen will mit Margrethe Vestager zusammenarbeiten

    Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese begrüßte die Klimaschutz-Ankündigungen von der Leyens „Eine Erhöhung des europäischen Klimaziels auf 50 Prozent ist grundsätzlich richtig und ohne unzumutbare Belastungen möglich“, sagte der umweltpolitische Sprecher der EVP-Fraktion unserer Redaktion.

    Zu den Ankündigungen von der Leyens gehörte, die EU-Kommission zur Hälfte mit der Frauen zu besetzen. Alle EU-Mitgliedstaaten sollten deshalb je einen Mann und eine Frau für ihren Kommissarsposten benennen. Der liberalen Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark, die selbst Kommissionspräsidentin werden wollte, versprach von der Leyen eine herausgehobene Position „auf Augenhöhe“ mit ihr. Von der Leyen sagte auch den Einsatz für Rechtsstaatlichkeit in Europa und einen neuen Anlauf zur Lösung der Migrationskrise zu. Die aktuelle Woche ist die Woche der Wahrheit für Ursula von der Leyen.