Berlin. Jens Spahn will die Krankenkassenwahl in Zukunft erleichtern. Das Gesetz sieht auch Änderungen bei Gremien vor. Das sorgt für Kritik.

Der oberste Krankenkassenverband hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeworfen, mit seinem jüngsten Gesetzentwurf einen „Generalangriff“ auf das deutsche Sozialversicherungssystem zu starten. Zusammen mit anderen Vorschlägen handele der Minister „offensichtlich mit dem Ziel, den Weg in den Staatsdirigismus zu bahnen“, heißt es in einer Stellungnahme des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der unserer Redaktion vorliegt. Spahn wolle „frei von Regeln schneller und flexibler auf kurzfristige Trends, Stimmungen und Strömungen“ reagieren können.

Anlass für den Vorwurf ist Spahns Entwurf für ein „Gesetz für die faire Kassenwahl“. Darin plant er, die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Verwaltungsrat des Spitzenverbands zu entmachten und durch Vorstände von Krankenkassen zu ersetzen. Uwe Klemens, einer der beiden Verwaltungsratsvorsitzenden, vermutet dahinter die Reaktion auf unliebsame Kritik: „Zwei Wochen nachdem wir als Verwaltungsratsvorsitzende öffentlich und sehr deutlich einige gesundheitspolitische Pläne kritisiert haben, taucht ein Gesetzentwurf auf, der alle Versicherten- und Arbeitgebervertreter aus dem GKV-Spitzenverband verdrängen soll. Kann das Zufall sein?“

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Dass Gewerkschafter und Arbeitgeber in den Spitzengremien der Krankenkassen zusammenarbeiteten, stärke den sozialen Zusammenhalt. In seiner Stellungnahme vermutet der Kassenverband, dass Spahn nicht nur bei dem Verband die Selbstverwaltung aushebeln wolle. Zu befürchten sei, dass diese Änderung der Strukturen „richtungsweisend für die gesamte gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ist“, heißt es. Spahns Pläne widersprächen dem Koalitionsvertrag, der die Selbstverwaltung stärken wolle.

Zu dem Punkt in dem Gesetzentwurf, der aus Sicht der Krankenversicherten am wichtigsten sein dürfte, nahm der Verband nicht Stellung: Nach Willen des Gesundheitsministers sollen alle Versicherten Mitglied in bundesweit allen Ortskrankenkassen (AOK) sowie allen Betriebs- und Innungskrankenkassen werden können. „Zur Frage der Zweckdienlichkeit dieser Reformmaßnahme“ werde sich der GKV-Spitzenverband aufgrund der „hohen wettbewerblichen Bedeutung“ nicht äußern.

Jens Spahn will mit dem „Gesetz für faire Kassenwahl“ vor allem Patienten stärken. Denn das Gesetz regelt, wie Versicherte bald in jede Krankenkasse wechseln können. (phn)