Berlin . Innenminister Seehofer will dem Verfassungsschutz mehr Macht geben. Doch das Justizministerium lehnt die Prüfung des Gesetzentwurfs ab.

Das Bundesjustizministerium lehnt die Prüfung eines Gesetzentwurfes ab, der unter anderem die Überwachung von Kindern unter 14 Jahren sowie den Einsatz von verdeckter Online-Durchsuchung von Handys und Computern durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ermöglichen soll.

Den entsprechenden Vorstoß des Bundesinnenministeriums will das Justizministerium von Ministerin Katarina Barley (SPD) nicht mittragen und von einer tiefergehenden juristischen Bewertung der einzelnen Regelungen in dem Gesetzesentwurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU) absehen. Das erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen.

Seehofers Terrorschutz-Pläne: Barley geht nicht mit


Das Justizministerium sieht demnach den Umfang an Überwachungsmaßnahmen deutlich überschritten, mit dem das Bundesamt für Verfassungsschutz künftig ausgestattet werden soll.

Zudem fordert das Justizministerium nach Informationen unserer Redaktion eine entsprechende Stärkung der Kontrolle des Nachrichtendienstes durch das Parlament. Auch dies sieht das Ministerium von Barley offenbar in dem Gesetzentwurf des Innenministeriums nicht gewährleistet.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD).
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD). © Getty Images | Michele Tantussi

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD neben der Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle vereinbart, die Kompetenzen des Verfassungsschutzes „maßvoll“ und „sachgerecht“ zu erweitern sowie das Amt als „zentrale Servicedienststelle für den Einsatz operativer Technik“ zu stärken – auch beim Kampf gegen Terroristen im Online-Bereich.


Geheimdienst hält Wegfall der Altersbeschränkung für notwendig


Nach dem Willen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll das Bundesamt für Verfassungsschutz in Zukunft nun auch Informationen zu Kindern speichern dürfen. Das ist bislang verboten. Der Inlandsgeheimdienst hält den Wegfall der Altersbeschränkung von derzeit 14 Jahren vor allem für notwendig, um Kinder etwa aus dem islamistischen und rechtsextremistischen Milieu im Blick zu behalten.

Als Begründung nennt das Bundesamt etwa den Fall eines Zwölfjährigen, der laut Behörden 2016 auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt einen Anschlag verüben wollte. Im selben Jahr war das gesetzliche Mindestalter für Beobachtungen durch den Verfassungsschutz von 16 auf 14 Jahre abgesenkt worden.

Generell sollte es mehr Befugnisse geben. Seehofer will auch, dass der Verfassungsschutz Whatsapp-Chats ausspähen darf.

„Trojaner“ für verschlüsselte Handy-Chats


Die aktuellen Neuregelungen sind Teil eines Entwurfs des Bundesinnenministeriums für ein Gesetz zur „Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts“ im Kampf gegen Extremisten und Terroristen. Derzeit liegt der Entwurf zur Ressortabstimmung in den befassten Ministerien.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). © dpa | Michael Kappeler

Das im Haus von Seehofer angepeilte Gesetz sieht zudem vor, dass die Mitarbeiter des Bundesamtes künftig etwa Handys oder Laptops in Einzelfällen mit einer geheim installierten Software durchsuchen können, die sogenannte „Online-Durchsuchung“, die bisher nur die Polizei im Ernstfall einsetzen darf.

Grund: Die Sicherheitsbehörden stellen fest, dass die Kommunikation zwischen Extremisten und Terroristen immer stärker über Programme am Computer oder in verschlüsselten Messengerdiensten wie WhatsApp und weniger in herkömmlichen Telefonaten stattfindet.

Geheim installierte Software soll bei Ermittlungen helfen


Auch diese Chatprogramme auf dem Handy soll der Verfassungsschutz daher nach Wunsch des Innenministeriums künftig in gravierenden Fällen mit einer geheim installierten Software durchforsten können, die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Das ist bisher ebenfalls nur der Polizei erlaubt, die als Behörde Straftaten verfolgen und konkrete Gefahrensituationen abwehren sollen.

Bisher kontrolliert die sogenannte G-10-Kommission des Bundestags die Maßnahmen der deutschen Nachrichtendienste.

Der Innenminister hatte kürzlich auch weitere politische Forderungen gestellt. So formulierte Seehofer Abschiebe-Pläne – die Realität ist aber nicht immer deckungsgleich.