Berlin. May will zum dritten Mal über den Brexit-Deal abstimmen lassen. Eine alte Regel dürfte das verhindern. Das Chaos geht vorerst weiter.

England ist ein Land, das stolz ist auf Traditionen, auf die Geschichte. Nun machen jahrhundertalte Regelungen offenbar Theresa May einen Strich durch die Brexit-Rechnung: Der britische Parlamentspräsident John Bercow schließt eine dritte Abstimmung über den Brexit-Deal aus, sollte es keine Änderungen an der Beschlussvorlage geben.

Bercow unterrichtete das Unterhaus am Montag darüber, dass eine Regel aus dem 17. Jahrhundert untersagt, dieselbe Vorlage beliebig oft zur Abstimmung zu stellen. Da die Regel nie geändert wurde, gilt sie auch heute noch. Auch für Premierministerin May, die sich seit der Abstimmung über den Austritt der Engländer aus der Europäischen Union einem selten so gesehenen politischen Chaos gegenüber sieht.

Theresa May setzte auf dritte Abstimmung in dieser Woche – was scheitern dürfte

Premierministerin Theresa May mied zu Beginn einer entscheidenden Brexit-Woche die Festlegung auf ein neues Parlamentsvotum über den Vertrag zum EU-Ausstieg. Ein weiterer Anlauf für die erforderliche Zustimmung zum Brexit-Vertrag sei noch nicht angesetzt, sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt am Montag in Brüssel.

„Wir hoffen, dass die Abstimmung (am Dienstag) stattfindet, aber wir müssen sicherstellen, dass wir ausreichend Unterstützung haben.“ Die Europäische Union erwartet, dass sich Großbritannien über das weitere Procedere bis spätestens Donnerstag im klaren ist, denn dann tagen in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der Staaten-Union EU-Gipfel, um über den Fahrplan zu beraten. Theresa May warnt vor langfristiger Verschiebung des Brexit.

Nach wie vor keine Mehrheit im Unterhaus für Brexit-Deal erreicht

Hunt wies vor dem Hintergrund von zwei Abstimmungs-Niederlagen Mays darauf hin, dass versucht werde, eine Mehrheit für den von ihr und der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag zu organisieren. London: Unterhaus stimmt für Verschiebung des Brexit.

Derzeit gebe es viele Kontakte mit Kollegen (in der Partei) sowie mit der nordirischen DUP, die die regierenden Tories stützt, sagte der Außenminister. Genau dies könnte aufgrund der alten Regel obsolet werden.

May wollte den Brexit-Vertrag eigentlich bis spätestens Mittwoch erneut im Parlament einbringen. Das Unterhaus hatte vergangenen Donnerstag dafür gestimmt, den für den 29. März vorgesehenen Austritt um maximal drei Monate zu verschieben. Voraussetzung ist allerdings, dass die Abgeordneten den Vertrag noch vor dem EU-Spitzentreffen billigen. EU-Kommissionsvize Frans Timmermans nennt Bedingungen für einen Brexit-Aufschub.

Kirche will Brexit-Lager bei Tee und Gebet versöhnen

Ganz traditionsbewusst versucht eine Institution etwas Frieden in die Brexit-Welt zu tragen: Die Kirche von England will mit einer Teatime zur Versöhnung zwischen den gegnerischen Brexit-Lagern beitragen. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, rief am Montag in London zum „Gebet für unser Land in dieser kritischen Zeit“ auf.

Am bislang geplanten Wochenende für den Austritt Großbritanniens aus der EU ab dem 29. März wollen sich die anglikanischen Gemeinden in Großbritannien öffnen für Brexit-Gesprächsrunden mit Tee und Gebet. Für die einen sei der Brexit Grund zum Feiern, für die anderen Anlass zur großer Trauer, hieß es weiter.

Von jetzt an dürfe sich aber niemand mehr darüber definieren, wie er in dem Referendum über den Verbleib in der EU gestimmt habe. Stattdessen müsse der Austausch gefördert werden. (ses/dpa/epd)