Berlin. Der Attentäter hat in seinem kruden „Manifest“ viele Facetten einer Ideologie offengelegt. Gegen diesen Hass muss man sich stellen.

Die Mordtaten von Christchurch machen fassungslos. Ein Mann rennt in eine Moschee, erschießt Muslime, die sich zum Gebet treffen. Das alles filmt der Täter, als wäre es ein Action-Thriller. Er hat die Tat professionell vorbereitet, hörte Marschmusik, bevor er mit der Waffe in der Hand aus dem Auto stieg. Um solch ein Kapitalverbrechen mit einer kalkulierten Inszenierung zu begehen, muss ein Täter bis ins Mark rassistisch radikalisiert sein. Das verstört jeden, der kein Extremist ist. Das macht wütend. Doch die Tat überrascht nicht.

Und auch wenn der Attentäter weit entfernt in Neuseeland zugeschlagen hat, führt es uns auch in Europa und Deutschland vor: Rechtsterrorismus ist eine Gefahr. Und in den vergangenen Jahren ist diese Gefahr gewachsen.

Seit der Gründung der Bundesrepublik agierten rechtsterroristische Gruppen – und mordeten für ihre Ideologie.

Der „Nationalsozialistische Untergrund“ tötete zehn Menschen. Ihre Straftaten sind getrieben vom Wahn einer Überlegenheit über andere Menschen. Von der Vorstellung einer „Reinheit von Kulturen und Rassen“. Auch wenn Deutschland sich Mühe gibt, dem Verbrechen der Nationalsozialisten zu gedenken – die neonazistische Ideologie ist weiterhin fest in den Rändern der Gesellschaft verankert.

„Manifest“ zeigt viele Facetten der Ideologie

Und durch die hohe Anzahl von Menschen aus Nahost oder der Türkei, die nach Deutschland eingewandert und geflohen sind, hat der Hass von rechts nun stärker ein Ziel: Muslime. Seit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise haben Rechtsextremisten Gewalt gezielt gegen Muslime und Geflüchtete verübt.

Je mehr Flüchtlinge kamen, desto stärker wurde der Hass, den Neonazi-Gruppen aber auch Politiker der AfD schürten. Wer sich die Statistiken über Gewalt zwischen 2014 und 2017 anschaut, sieht wie Anti-Asyl-Agitation das Fundament für Gewalt gestärkt haben.

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Der Attentäter von Christchurch hat in seinem kruden „Manifest“ viele Facetten einer Ideologie offenbart, die sich auch unter extrem rechten Gruppen in Deutschland findet. Es gibt den globalen Dschihad von Islamisten. Es gibt aber auch den global vernetzten Hass von Rechtsterroristen – das Internet und öffentliche sowie geheime Chatgruppen sind Motor dieser Vernetzung. Kampfsportgruppen organisieren sich, durch Recherchen wurden zuletzt rechtsextreme Bünde in der Justiz, Polizei und Bundeswehr bekannt.

Rassistischer Mord ist Zivilisationsbruch

Menschenverachtendes Gedankengut ist kein Randphänomen. Gerade Muslime werden immer wieder angefeindet und diskriminiert – auf der Straße, auf der Arbeit, in Schulen.

Schlagen islamistische Täter zu, sind Angst, Wut und Empörung die ersten und schnellen Reaktionen. Bekennt sich der Attentäter zum selbst ernannten „Islamischen Staat“ fordern viele sofort ein klares und konsequentes Signal gegen all diejenigen, die sich gegen die Werte der Freiheit und Menschlichkeit stellen.

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Das ist richtig. Genauso laut muss der Aufschrei nach dem Attentat auf Muslime sein – wie jetzt in Neuseeland.

Denn: Der rassistisch motivierte Mord an fast 50 Menschen während des Gebets ist ein Zivilisationsbruch. Es ist eine Kampfansage gegen Muslime nicht nur in Fernost – sondern in aller Welt. Es ist ein Anschlag auch gegen Muslime in Deutschland und unsere Werte.

Gegen diesen Hass müssen wir uns stellen: mit Worten, die Islamfeinden Paroli bieten. Als Islamisten 2015 die Redaktion der Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“ in Paris stürmten, standen wir an der Seite der Getöteten. „Je suis Charlie“ – das war damals das globale Schlagwort gegen den Terror. Jetzt muss sie lauten: Wir sind Christchurch.