Berlin. Überall auf der Welt gehen Schüler – wie am Freitag in Hamburg – für den Klimaschutz auf die Straße. Was soll daran schlecht sein?

Jung, anspruchsvoll und selbstüberschätzend. So soll sie sein – die Generation Y. Diese Menschen, die zwischen 1985 und 2000 geboren sind, werden vor allem gern kritisiert. Forscher wollen mittels Studien herausgefunden haben, dass sich die jungen Leute nicht gern anstrengen und am liebsten gleich die Chefposition einnehmen. Außerdem suchen sie auf jeden Fall Sicherheit, arbeiten höchstens Teilzeit, damit ein Leben in Freizeit möglich ist. Denn nur so lebt die Generation der Selbstverwirklicher.

Die Generation Z, man ahnt es schon, das sind die Nachfolger der Y. Und meint die von 1997 bis 2012 zur Welt Gekommenen. Und die sind allem Urteil nach auch nicht viel besser. Nur noch ein bisschen realistischer. Aber noch ziemlich Generation Y – also ich, ich, ich. Und dann kommt lange nichts.

Diese Millennials würden nur für eine Sache ihre Selbstliebe aufgeben: für einen Zugang zum Word Wide Web. Denn dort kommunizieren sie, verabreden sich, spielen, dort verdienen bereits Kinder als Influencer Geld, von dort aus kurbeln sie die Wirtschaft an. Die Generation Z und das Internet sind ein Paar, das ohneeinander nicht kann.

Kommt jetzt die Generation Klima?

Greta Thunberg ist der Kopf der mittlerweile weltbekannten Klima-Bewegung unter Schülern.
Greta Thunberg ist der Kopf der mittlerweile weltbekannten Klima-Bewegung unter Schülern. © dpa | Daniel Bockwoldt

Und jetzt ist da auf einmal diese Bewegung. Diese Ich-Kinder – oder die wir bis eben noch dafür gehalten haben – gehen jetzt auf die Straße, werden politisch aktiv. Verlassen die Kinderzimmer mit sicherer Wlan-Versorgung. Trauen sich raus auf die Plätze dieses Landes – so wie am Freitag in Hamburg. Verabreden sich real, machen etwas in großen Gemeinschaften, versammeln sich. Und was ist ihr Ziel, ihr Vorhaben? Sie demonstrieren. Für ihre Zukunft. Aber nicht für ihre individuelle, sondern für unser aller. Für das Gemeinwohl, für die Welt, für Leben durch Umweltschutz. Gegen Klimawandel und Industrienationen, die ihre Klimaziele nicht einhalten oder gleich zu niedrig ansetzen.

Schaut man sich dieses freitägliche Treiben an, kann nur eine Diagnose fallen: Die Generation Z ist am Ende. Oder Y und Z waren immer schon anders. Oder wurden im soziologischen Sinne abgelöst von einer anderen: der Generation Klima, der Generation Bewusstsein, der Generation Wir – einer Jugend, die nicht mehr zuschauen will. Die glaubt, noch eine Chance zu haben. Und diese nutzen will.

Die neue Jugend besteht aus Medienexperten

Was soll daran schlecht sein? Soziologen und Erziehungswissenschaftler wissen: Jede Generation muss sich von ihren Eltern absetzen. Solange damit nur ein anderer Musikgeschmack gemeint ist oder eine andere Kleidung, interessiert das heute keinen mehr. Im Zweifel hören Mama und Papa das gleiche Zeug wie Tochter und Sohn. Und an der Variation von Löchern in Jeans verdienen gängige Designerlabels seit Jahren ziemlich gut. Also, soziologisch gesehen, haben diese jungen Demonstranten gar keine andere Wahl, als unsere Art zu leben zu kritisieren.

Hamburger Liebesbrief für Greta Thunberg

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    Das tut empfindlich weh. Denn der Protest von diesen Digital Natives findet nicht mehr nur in irgendwelchen sozialen Netzwerken oder Chatgruppen statt, die kein Erwachsener nutzt, sondern direkt vor unseren Augen unter größtmöglicher medialer Aufmerksamkeit. Diese Generation der Klimakämpfer schlägt uns mit ihren ureigenen Waffen. Über WhatsApp-Gruppen verbinden sie sich zu einer weltweiten Bewegung, die keine mediale Beratung braucht, weil die Jugendlichen selbst Medienexperten sind.

    Die Tatsache, dass sie freitags für ihren Protest die Schule schwänzen, sollte weniger wiegen als ihre Botschaft: „Rettet die Erde! Und zwar jetzt!“

    Man sollte die Jugend ernst nehmen, statt sie wieder einmal nur zu kritisieren.

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