Brüssel. Zahlreiche Richter sind von der polnischen Regierung zwangspensioniert worden. Nun klagt die EU-Kommission gegen die Justizreform.

Polens umstrittene Justizreform ruft erneut die EU-Kommission auf den Plan: Sie klagt nun vor dem Europäischen Gerichtshof gegen ein von der polnischen Regierungspartei PiS eingeführtes Gesetz, das den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und insbesondere der Unabsetzbarkeit von Richtern untergrabe, erklärte die Kommission am Montag in Brüssel.

Mit dem Gesetz wurde das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre gesenkt. Die Regierung nutzt diese Änderung seit Monaten dazu, zahlreiche unbequeme Personen in den Ruhestand zu schicken. Ohne eine Einwilligung des Staatspräsidenten kann die Amtszeit eines Richters nicht mehr verlängert werden.

Sollte der EuGH die Auffassung der EU-Kommission teilen, müsste Polen das Gesetz ändern. Dem Land könnten sonst enorme Strafzahlungen drohen. Das Gesetz ist Teil der umstrittenen polnischen Justizreformen, die aus Sicht der EU-Kommission die Gewaltenteilung in Polen gefährden und die Unabhängigkeit von Gerichten einschränken.

Politisches Strafverfahren eingeleitet

Wegen eines neuen Gesetzes zu den ordentlichen Gerichten hatte die Kommission bereits im März Klage gegen Polen eingereicht. Wegen der Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Polen hat die Kommission gegen das Land auch ein politisches Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet.

Dieses könnte im letzten Schritt sogar mit einem Entzug des Stimmrechts im EU-Ministerrat enden. Dafür müssten allerdings erst einmal 22 der 28 EU-Staaten zustimmen, dass in Polen die „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ von EU-Werten besteht. Diese Mehrheit ist nicht sicher, da Großbritannien sowie andere mittel- und osteuropäische Länder dem Strafverfahren kritisch gegenüberstehen. (dpa/mbr)