Berlin. Eine Studie zeigt, dass die meisten Deutschen gar kein Problem mit der Integration haben. Es zeichnen sich aber auch Diskrepanzen ab.

Deutschland streitet über Migration, das Thema Integration rückt dabei häufig in den Hintergrund. Eine nun veröffentlichte Studie zeigt aber: Die Mehrheitlich der Deutschen steht dem Thema Integration optimistisch gegenüber.

Eine Mehrheit findet, dass Flüchtlinge positiv zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands beitragen werden, wie aus dem am Montag in Berlin vorgestellten Integrationsbarometer des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration hervorgeht.

Auch sind die meisten Deutschen dafür, dass auch weiterhin Flüchtlinge aufgenommen werden. 57 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund sind jedoch für eine Begrenzung der Zahl der Zuwanderer. Skeptischer als andere blicken Ostdeutsche und Männer im Westen Deutschlands auf das Thema Integration.

Integrationsbarometer: 9300 Personen wurden befragt

Für das Integrationsbarometer haben die Forscher den Angaben zufolge zwischen Juli 2017 und Januar 2018 rund 9300 Personen mit und ohne Migrationshintergrund bundesweit befragt. Anhand verschiedener Kriterien misst die Studie den sogenannten Integrationsklima-Index auf einer Skala von 0 bis 100.

Gefragt wird dabei etwa nach der allgemeinen Akzeptanz von Zuwandern, Integration im Bildungsbereich oder Beziehungen zwischen Zuwanderern und Mehrheitsgesellschaft. 2018 ist der Index leicht auf 63,8 Punkte gesunken, 2015 lag er noch bei 65,4 Prozent.

Dass die Diskussion über Flüchtlinge den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig gefährdet habe, sei aus den Ergebnissen nicht herauszulesen, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Thomas Bauer. Das Integrationsklima sei stabil positiv, deutet er den Wert. „Es läuft im Alltag recht gut“, ergänzte Studienautorin Claudia Diehl.

Spätaussiedler blicken am skeptischsten auf Zuwanderung

Für das Integrationsbarometer wurden Deutsche ohne Migrationshintergrund sowie Zuwanderer oder Nachfahren von Migranten verschiedener Gruppen befragt. In der Tendenz zeigt sich, dass Spätaussiedler am skeptischsten auf Zuwanderung blicken.

Türkeistämmige sind skeptischer als die Mehrheitsgesellschaft, allerdings optimistischer als noch vor drei Jahren. Bei EU-Zuwanderern ist die Skepsis der Studie zufolge im Vergleich zur letzten Befragung leicht gestiegen.

Als einen der Hauptgründe für die kritische Haltung nannten die Experten mangelnden Kontakt zu Zuwanderern. Dies sei im Osten genauso der Fall wie im Westen. Da der Anteil an Migranten im Osten der Republik aber geringer sei, wirke der Effekt den Angaben zufolge dort aber verstärkt. Allgemein von einem „ostdeutschen Integrationspessimismus“ zu sprechen, lehnen die Sachverständigen ab.

Dem gegenüber steht eine Studie aus dem vergangenen Jahr: Sie kam zu dem Schluss, dass Rechtsextremismus vor allem ein ostdeutsches Problem ist.

Integrationsbeauftragte: Orte der Begegnung schaffen

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), erklärte mit Blick auf die Studie, es sei deswegen wichtig, Orte der Begegnungen zu schaffen, in Vereinen, der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz. Zudem forderte sie, interkulturelle Bildung bei der Lehrerausbildung stärker in den Blick zu nehmen.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie macht Verunsicherung als einen Grund für die derzeitige, polarisierte Stimmung aus. „Chemnitz, Köthen und viele andere Orte in Deutschland, über die nicht geredet wird, sind Symptome für eine verunsicherte Gesellschaft, die aktuell um ihre Zukunft streitet, besser gesagt eine neue gemeinsame Zukunft sucht“, schrieb er in einem am Montag veröffentlichten Blogbeitrag. Er warb für mehr „fruchtbaren“ Dialog statt Empörung.

Zuwanderung: Männer im Westen sind kritischer als Frauen

Neben den Vorbehalten bei Ostdeutschen gibt es der Studie zufolge eine zweite Gruppe, die das Integrationsgeschehen skeptischer beurteilt. Laut Studie sind Frauen beim Thema Zuwanderung deutlich optimistischer als Männer, wobei der Unterschied nur im Westen Deutschlands auffällt.

Eine Erklärung liefern die Autoren mit Verweis auf andere Studien mit der Tatsache, dass Frauen häufiger in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. (epd/nqq)