Die Angst vor einem Handelskrieg mit den USA kehrt zurück
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Von Christian Kerl
Brüssel. US-Präsident Donald Trump brüskiert die Europäer – und verwirft die Idee der Zollfreiheit für alle Autoexporte als „nicht gut genug“.
Für ein paar Wochen schien es, als sei der Handelskrieg zwischen den USA und Europa abgewendet. Mitte Juli hatten sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker überraschend darauf verständigt, lieber über ein Handelsabkommen zu verhandeln als weiter gegenseitig an der Zoll-Schraube etwa für Autos zu drehen.
Doch jetzt meldet sich Trump mit der altbekannt aggressiven Rhetorik zurück: „Die Europäische Union ist fast so schlimm wie China, nur kleiner“, schimpfte Trump in einem Bloomberg-Interview. Und brüsk wies er ein neues Angebot von Handelskommissarin Cecilia Malmström zurück, Europa und Amerika sollten ihre Autozölle gegenseitig auf null reduzieren. Der Vorschlag sei „nicht gut genug“.
Brüssel erinnert an den vereinbarten „Waffenstillstand“
Juncker reagierte in Brüssel irritiert. Er habe sich mit Trump doch „auf eine Art Waffenstillstand geeinigt“, sagte er. Solche Vereinbarungen seien manchmal in Gefahr, würden aber meist eingehalten, erklärte Juncker Richtung Washington. Und was, wenn Trump doch neue Zölle auf Autoimporte aus den EU einführt? „Dann passiert, dass wir das auch tun“, stellte Juncker klar.
Das Scharmützel ist wohl nur ein Vorgeschmack auf die nächsten Monate. Denn so groß die Erleichterung in Brüssel und vielen Hauptstädten des Kontinents war, dass Juncker den Handelskrieg abgewendet hat – wenige Wochen vor dem Start der Verhandlungen über ein EU-USA-Handelsabkommen Mitte September macht sich auf EU-Ebene Ernüchterung breit.
Inszeniert Trump den großen Krach vor den Zwischenwahlen?
Bislang hat es trotz des Zeitdrucks nur Sondierungsgespräche gegeben, ein erstes Treffen der Chefunterhändler Cecilia Malmström und Robert Lighthizer ist nun für den 10. September geplant. Schon wird ein düsteres Szenario diskutiert: Trump ziehe die Gespräche in die Länge, um kurz vor den Halbzeit-Wahlen im November den großen Krach zu inszenieren und doch Autozölle einzuführen; so wolle er seine Wähler maximal beeindrucken.
„Es ist schwer vorherzusagen, welche Haltbarkeit die Handelsversprechen von Trump haben“, sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD). Wenn Trump „wieder auf Konfrontation aus ist, müssen wir Europäer gemeinsam und entschieden antworten“.
Auch das Parlament setzt die EU-Kommission unter Druck
Allerdings drohen die EU-Verhandler nun von zwei Seiten unter Druck zu geraten. Denn im EU-Parlament wird Kritik an der Brüsseler Strategie laut. Die Kommission könne nur auf Basis eines vom Parlament und den Mitgliedsländern erteilten Mandats verhandeln, mahnt Ausschuss-Chef Lange. Formale Verhandlungen dürfe es überhaupt nur geben, wenn vorher Trumps Drohung mit neuen Autozöllen klar vom Tisch sei und die Stahlzölle zurückgenommen seien.
Donald Trump: Schräge Fotomomente
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Diese Bedingung hatte auch die EU-Kommission stets bekräftigt, bis Juncker beim Gespräch mit Trump einlenkte. Damit hatte Juncker auch die EU-Chefunterhändlerin Malmström überrumpelt, die beim Deal im Weißen Haus nur eine Nebenrolle gespielt haben soll. Im EU-Parlament stellte sich Malmström diese Woche aber loyal vor ihren Chef: Von Zugeständnissen der EU an Trump könne keine Rede sein, versicherte sie den Abgeordneten.
Die US-Regierung will neue Strafzölle gegen China verhängen
Streit droht, aber erst später. Vorerst blickt man in Brüssel mit Sorge auf einen anderen Konflikt: Trump zeigt sich jetzt entschlossen, neue Strafzölle gegen China zu verhängen. Er werde Abgaben auf weitere chinesische Importe im Volumen von 200 Milliarden Dollar nächste Woche in Kraft setzen lassen, unter anderem für Technologie-Produkte und Textilien, hieß es in Washington. An den Börsen kam es wegen der Furcht vor einem Handelskrieg am Freitag zu Kursverlusten.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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