Kim trifft Trump: Es kommt zum Showdown der Unberechenbaren
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Von Felix Lee
Singapur. Nordkoreas Diktator Kim und US-Präsident Trump kommen bei historischem Treffen erstmals zusammen. Was kann man vom Gipfel erwarten?
Großes Spektakel auf dem Internationalen Flughafen von Singapur: Gegen Mittag Ortszeit drängen mehrere Dutzend Schaulustige auf die große Aussichtsplattform des Terminals. Sie haben eine IL 62 landen sehen, eine Maschine russischer Bauart, wie sie hier nur sehr selten zu sehen ist. Am Heck prangt das Zeichen von Air Koryo – der nordkoreanischen Fluggesellschaft.
Doch die Schaulustigen werden enttäuscht. Von Bord geht nicht Kim Jong-un. Stattdessen werden Kisten abgeladen, offenbar Lebensmittel und andere Dinge, die der nordkoreanische Machthaber für den Gipfel mit US-Präsident Donald Trump in den nächsten Tagen benötigt. Kim landete bereits kurz vorher mit einer Boeing 747, die ihm Air China zur Verfügung gestellt hat. Eine chinesische Maschine aus US-amerikanischer Herstellung war dem Diktator offensichtlich sicherer als ein Flugzeug aus eigenem Bestand.
Erstmals seit Jahrzehnten könnte es zu Annäherung kommen
Zwei Tage vor dem erstmaligem Gipfel zwischen einem nordkoreanischen Machthaber und einem amtierenden US-Präsidenten herrscht in Singapur der Ausnahmezustand. Der Stadtstaat mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern hat für die nächsten Tage mehrere Tausend Polizisten und Soldaten abgestellt. Sie sollen die Sicherheit der Staatschefs gewährleisten.
Donald Trump und Kim Jong Un in Singapur
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Motorradfahrer und mehrere gepanzerte Wagen eskortierten die schwere Limousine mit Kim an Bord zunächst bis zum Stadtzentrum. Bei Ankunft an dem Hotel waren dann Leibwächter in schwarzen Anzügen zu sehen, die Kims Wagen im Laufschritt umringten und finstere Blicke in alle Richtungen warfen. Sie hatten bereits beim Gipfel zwischen Kim und Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in im April Berühmtheit erlangt. Trump landete in der Air Force One auf dem Luftwaffenstützpunkt Paya Lebar. Beide Gipfel-Teilnehmer werden sich am Montag getrennt voneinander zunächst mit dem Gastgeber treffen, Singapurs Präsident Lee Hsien Loong.
Im Streit um Nordkoreas Atomprogramm könnte es an diesem Dienstag erstmals seit Jahrzehnten zu einer Annäherung zwischen Nordkorea und seinem Erzfeind, den USA, kommen. Washington fordert von Pjöngjang die komplette Aufgabe aller Atomwaffen. Das Kim-Regime will eine Sicherheitsgarantie – und sich die Aufgabe seines Atomprogramms mit der Aufhebung der Sanktionen und mit Wirtschaftshilfe entlohnen lassen.
Beide haben sich gegenseitig mit Vernichtung gedroht
Bis Ende des vergangenen Jahres hatte sich der Konflikt um Nordkoreas Atomwaffenprogramm dramatisch zugespitzt. Trump bezeichnete Kim als „kleinen Raketenmann“, Kim den US-Präsidenten als „senilen Greis“. Beide haben sich gegenseitig mit Vernichtung gedroht. Doch zu Jahresbeginn überraschte der nordkoreanische Machthaber die Welt mit einer Charmeoffensive und erklärte sich zu Verhandlungen bereit. Zu einer Annäherung mit dem offiziell bislang verfeindeten Südkorea ist es seitdem schon gekommen. Beide Staaten wollen noch in diesem Jahr einen Friedensvertrag schließen.
Das Treffen mit Trump stand in den vergangenen Wochen jedoch gleich mehrfach auf der Kippe. Kims Einladung im Frühjahr hatte der US-Präsident noch begeistert angenommen. Doch dann brüstete sich Trump damit, dass er mit seiner harten Haltung das Kim-Regime kleingekriegt und den Konflikt zugunsten der USA bereits so gut wie gelöst habe. Kim drohte mit Abbruch, woraufhin Trump seinerseits den Gipfel absagte. Keine 24 Stunden später relativierte er seine Aussage jedoch wieder. Jetzt heißt es aus dem Weißen Haus: Kim habe um den Gipfel „gebettelt“.
Der Ausgang dieses Gipfels ist völlig offen. Normalerweise werden Treffen dieser Art von den Spitzendiplomaten genau vorbereitet und gemeinsame Erklärungen vorab abgestimmt. Überraschungen sollen vermieden werden. Die Staatschefs reisen nur noch an, um letzte Details abzuklären und anschließend fürs gemeinsame Foto zu posieren. Doch nicht Trump. Er hat sich demonstrativ geweigert, den Gipfel vorzubereiten. „Ich denke, ich werde ganz schnell wissen, ob etwas Gutes geschehen wird“, sagte er lediglich vor seinem Abflug. „Mein Gespür, mein Gefühl wird es mir sagen.“
Kim Jong-un hat schon Zugeständnisse gemacht
Kim hat durchaus schon Zugeständnisse gemacht und als Zeichen seines guten Willens US-Geiseln freigelassen. Auch Teile des nordkoreanischen Atomtestgeländes ließ er sprengen. Doch schon sein Vater und Vorgänger hatte eine Abrüstung zugesagt und ließ trotzdem an der Atombombe weiterbauen.
Die beiden Delegationen wohnen in Hotels, die nur wenige Hundert Meter voneinander getrennt sind, Trump im noblen Shangri La, Kim im nicht minder edlen St. Regis. Der Gipfel selbst findet in dem Luxushotel Capella auf Singapurs vorgelagerten Freizeitinsel Sentosa statt.
Sogenannte Gurkhas sollen die Unterkünfte der beiden Streithähne bewachen. Dabei handelt es sich um Elitetruppen aus Nepal, die mit Krummdolchen und Schnellfeuerwaffen schon in der britischen Kolonialzeit für Ruhe und Ordnung sorgten. Ihnen wird nachgesagt, schon der bloße Anblick sei Respekt einflößend. Vielleicht wirkt das auch disziplinierend auf Trump und Kim.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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