Berlin. Der Berliner Attentäter hatte offenbar bessere Kontakte in die Dschihadisten-Szene als bisher bekannt – insbesondere in Frankreich.

Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, war in der europäischen Dschihadisten-Szene offenbar besser vernetzt als bisher bekannt. Nach Informationen dieser Redaktion aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden stand der Tunesier mit einem französischen Islamisten in Kontakt.

Dieser steht im Verdacht, kurz vor der Präsidentschaftswahl im April 2017 einen Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung oder einen Präsidentschaftskandidaten geplant zu haben. Amri soll mit dem französischen Staatsbürger mehrfach per Telefon oder über das Internet kommuniziert und ihn auch persönlich gekannt haben.

Bei dem Islamisten handelt es sich den Informationen zufolge um den Clement B. Die französische Polizei nahm ihn und einen weiteren Islamisten im April 2017 fest. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille fanden die Ermittler drei Kilogramm Sprengstoff vom Typ TATP, sowie eine Granate, eine Maschinenpistole und mehrere weitere Waffen und Munition.

Kontakte in die französische Islamisten-Szene bisher kaum thematisiert

Die französische Staatsanwaltschaft verdächtigte Clement B. und seinen mutmaßlichen Mittäter Mahiedine M. eine „gewaltsame Aktion“ auf französischem Territorium geplant zu haben, die „unmittelbar“ bevorgestanden habe.

Der Fall Anis Amri -- Chronik eines Terroranschlags

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    Informationen über Amris Kontakte in die französische Islamisten-Szene waren bisher nur bruchstückhaft bekannt und kaum thematisiert worden.

    Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt, in dessen Zuständigkeitsbereich sich Anis Amri bis Anfang 2016 mehrheitlich aufhielt, hatte durch die Überwachung von Amris Telekommunikation und einen V-Mann bereits Ende 2015 erfahren, dass Amri damit prahlte, über Kontaktpersonen in der französischen Islamisten-Szene problemlos an Schnellfeuerwehre des Typs AK-47 (Kalaschnikow) gelangen zu können.

    Handelte Amri in Eigenregie?

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) fasste die Erkenntnisse im Januar 2016 in einem sogenannten „Behördenzeugnis“ zusammen. Informationen über die Identität der französischen Islamisten und die Intensität der Beziehungen finden sich in den Unterlagen jedoch nicht. Die Spur zu Clement B. könnte nun Aufschluss darüber bringen.

    Der junge Clement B. radikalisierte sich laut französischer Medienberichten zudem im Umfeld von tschetschenischen Salafisten. Wie diese Redaktion aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll Clement B. sich zwischenzeitlich auch in Deutschland aufgehalten haben. Offenbar hatte B. Kontakte zu hier lebenden radikalen Tschetschenen. Der Breitscheidplatz-Attentäter Amri besuchte in Berlin regelmäßig die mittlerweile verbotene Moschee des „Fussilet“-Vereins in Moabit. In den Jahren vor dem Verbot war die Moschee zunehmend Anlaufpunkt von radikalen Tschetschenen gewesen, von denen einzelne sogar in den „Heiligen Krieg“ nach Syrien und Irak ausgereist sind. Der tunesische Asylbewerber soll sogar kurz vor dem Massaker am Breitscheidplatz im vergangenen Dezember noch mal dort gewesen sein.

    Anis Amri war am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gefahren. Dabei tötete er elf Menschen. Mehr als 60 weitere Besucher wurden teils schwer verletzt. Zuvor hatte er bereits den Fahrer des Lkw getötet.

    Die Behörden gingen unmittelbar nach der Tat davon aus, dass Amri den Anschlag weitgehend in Eigenregie geplant hatte. Durch die Auswertung von Amris Telekommunikation verdichtete sich jedoch der Verdacht, dass der zur Tatzeit 23-Jährige von einem Anhänger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ angeleitet wurde.

    Nun versuchen die Behörden offenbar auch sein Umfeld in der europäischen Dschihadisten-Szene aufzuhellen.