Paris. Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy steht im Fokus des Staatsanwalts. Die Beweislage wirkt dünn, mit Zeugen tut sich die Justiz schwer.

Es ist der tiefe Fall eines ehemaligen Staatspräsidenten: Nach 26 Stunden Verhör im Polizeigewahrsam hat die französische Justiz ein Strafverfahren gegen Nicolas Sarkozy eingeleitet. Die Vorwürfe gegen den 63-Jährigen: Korruption, illegale Wahlkampffinanzierung sowie Hehlerei bei der Hinterziehung öffentlicher Gelder aus libyschen Quellen.

Während Vertraute, Freunde und Anhänger des unter Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzten Ex-Präsidenten Frankreichs die Anschuldigungen nicht glauben mögen, soll Sarkozy selber wie vor den Kopf geschlagen sein.

Sarkozy spricht von Verleumdung

Von „unhaltbaren und an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen“ spricht Sarkozy in einer Erklärung, die auf der Internetseite der Tageszeitung „Le Figaro“ veröffentlicht wurde und in der er erneut bestreitet, jemals Geld aus Libyen erhalten zu haben. Es handele sich um eine „Verleumdung, mit der mir seit sieben Jahren die Hölle heiß gemacht wird“.

Alle Vorwürfe beruhten allein auf Aussagen des libyschen Ex-Machthabers Muammar al Gaddafi, dessen Sohn, Neffen, Cousin, Sprecher und Ex-Ministerpräsidenten. Handfeste Beweise hingegen würden fehlen, so Sarkozy.

Dem Verdacht im Wahlkampfjahr 2007 vom Gaddafi-Regime Millionenbeträge erhalten habe, geht die Justiz bereits seit 2013 nach. Doch erst nach fünfjährigen Ermittlungen war der frühere Staatschef diese Woche erstmals zum Verhör einbestellt worden.

50 Millionen Euro für den Wahlkampf?

So war es 2007: Der damalige Präsident Nicolas Sarkozy empfängt den libyschen Herrscher Muammar al Gaddafi.
So war es 2007: Der damalige Präsident Nicolas Sarkozy empfängt den libyschen Herrscher Muammar al Gaddafi. © dpa | epa Maya Vidon

So richtig ins Rollen kam die Affäre 2012 durch ein von dem Internetportal „Mediapart“ veröffentlichtes und auf Ende 2006 datiertes Dokument aus libyschen Geheimdienstkreisen, in dem von der Bereitschaft der Regierung in Tripolis die Rede ist, den Wahlkampf Sarkozys mit 50 Millionen Euro zu unterstützen. Die Echtheit des Schriftstücks aber ist bis heute umstritten – und auch der angebliche Unterzeichner dementiert sie energisch.

Anspielungen auf die Zahlungen hatte es jedoch schon vorher gegeben, mit Beginn der von Sarkozy 2011 angeschobenen Militärintervention in Libyen, die zum Sturz u

d zum Tod Gaddafis führte. Die Hinweise kamen von dem Diktator selbst, seinem zweitältesten Sohn Saïf al-Islam oder von dem ehemaligen libyschen Geheimdienstchef Abdallah Senoussi. Letzterer ist in Frankreich als Drahtzieher des Anschlags auf eine französische Passagiermaschine 1989 mit, rund 170 Toten in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Was steht in den Notizen des libyschen Ex-Premiers?

Im vergangenen November dann sagte der libysche Geschäftsmann Ziad Takieddine aus, er habe Sarkozys damaliger rechter Hand, dem späteren Innenminister Claude Guéant, im Auftrag von Gaddafi persönlich fünf Millionen Euro an Bargeld überbracht. Takieddine allerdings ist in der Vergangenheit bereits zweimal wegen Falschaussage und Verleumdung verurteilt worden.

Schwerer dürfte wiegen, dass die Ermittler in Besitz schriftlicher Notizen des ehemaligen libyschen Premierministers Choukri Ghanem gelangten. Darin soll die Rede von drei Überweisungen an das Sarkozy-Wahlkampfteam in Höhe von 6,5 Millionen Euro sein. Ghanem, der ein enger Vertrauter Gaddafis war, kann freilich nicht mehr gehört werden. Er war im April 2012 in Wien tot aufgefunden worden.

Von dem Geld fehlt jede Spur

Unrecht hat Sarkozy demnach nicht, wenn er die ihn belastenden Personen als dubios und suspekt bezeichnet. Sein Umfeld verweist zudem darauf, dass die Anschuldigungen erstmals „wohl kaum zufällig“ während der Libyen-Intervention 2011 und mitten während Sarkozys verlorenen Wahlkampfs um eine zweite Amtszeit auftauchten.

Vor allem aber fehlt nach wie vor jede Spur von den ominösen 50 Millionen Euro aus Libyen, die, falls sie tatsächlich geflossen sein sollten, die gesetzlich zulässige Höchstgrenze von Sarkozys Wahlkampfbudget 2007 um mehr als das Doppelte gesprengt hätten.

Die Frage ist nun, ob die Untersuchungsrichter über weitere greifbare Beweise verfügen, die in einem Gerichtsverfahren Bestand haben könnten. Sarkozy seinerseits kündigte für den Donnerstagabend einen Auftritt im französischen Fernsehen an.