Düsseldorf/Berlin. Hätte Anis Amri als mutmaßlicher IS-Terrorist früh in Haft landen können? Ermittler hatten sein Handy – mit verräterischen Kontakten.

In einem beschlagnahmten Handy des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, haben sich nach Recherchen der ZDF-Sendung „Frontal 21“ möglicherweise hinreichend Anhaltspunkte für eine frühzeitige Festnahme befunden. Dort gespeicherte Nummern seien Mitgliedern der Terrormiliz IS zuzuordnen, berichtete das ZDF-Magazin am Dienstag. Für die Auswertung soll das Landeskriminalamt NRW zuständig gewesen sein. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums sagte am Dienstagabend, man prüfe die Informationen.

Wären die Nummern rechtzeitig etwa vom BND überprüft worden, hätte Amri wegen Mitgliedschaft in der Terrorgruppe verhaftet werden können, sagte der langjährige Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele dem Magazin. „Dass Anis Amri von dort seine Anweisungen erwartete, erfüllt den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und nicht nur eine mögliche Unterstützung.“

Handy war im Februar 2016 sichergestellt worden

Der Tunesier Amri war am 19. Dezember 2016 mit einem gestohlenen Lastwagen in eine Menschenmenge auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast und hatte zwölf Menschen getötet. Auf der Flucht war er in Italien von Polizisten erschossen worden.

Sein Handy war im Februar 2016 sichergestellt worden. Der Inhalt soll Ermittlern in Berlin, dem LKA NRW und dem BKA zur Verfügung gestanden haben. Die Sicherheitsbehörden hätten „entsprechende ausländische Telefonnummern durch den BND abklären können“, sagte Bruno Jost, Sonderermittler des Berliner Senats, dem Magazin. Das sei nach seinen Erkenntnissen aber „nicht geschehen“, was er für ein Versäumnis halte.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besuchte am Dienstag Stände auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz und sprach mit Miratbeitern. Opfer kritisieren, wie die Politik mit ihnen umgegangen ist.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besuchte am Dienstag Stände auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz und sprach mit Miratbeitern. Opfer kritisieren, wie die Politik mit ihnen umgegangen ist. © dpa | Michael Kappeler

Laut Ermittlungsakten habe sich Amri schon im Februar 2016 mit dem Codewort „Dougma“ der IS-Terrormiliz als Selbstmordattentäter angeboten, berichtet das ZDF-Magazin weiter. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt sei damals zu dem Schluss gekommen, dass damit die „Planung bzw. Vorbereitung eines Selbstmordanschlags“ gemeint gewesen sei.

Direkte Instruktionen für Tat erhalten

Die Ermittler hätten damals festgestellt, dass „Amri sehr wahrscheinlich nicht nur direkte Kontakte zum sogenannten 'Islamischen Staat' unterhält, sondern offenbar von einem derer Mitglieder direkt und persönlich instruiert wird, einen nicht bekannten Tatplan in Deutschland in die Tat umzusetzen“. „Frontal 21“ hat dem Bericht zufolge Amris IS-Kontakte anhand von Facebook-Profilen verifizieren und konkreten IS-Terroristen zuweisen können. (dpa)