Düsseldorf. Der Bundesinnenminister will Leistungen für Flüchtlinge in Europa angleichen. Auch Martin Schulz ist dafür. Cem Özdemir dagegen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für ein einheitliches Asylverfahren und einheitlichere Leistungen für Flüchtlinge in Europa ausgesprochen. Die Leistungen für Flüchtlinge seien in Deutschland im EU-Vergleich ziemlich hoch, sagte de Maizière der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“.

Deutschland sei das Land, in dem die meisten leben wollten, auch weil die Asylverfahrens- und Aufnahmebedingungen im europäischen Vergleich großzügig seien. „Das ist Teil des Sogeffekts nach Deutschland“, so de Maizière. Die Leistungen für Asylbewerber müssten demnach in allen EU-Ländern im Wesentlichen gleich sein. In den Augen der meisten Experten würde eine solche Angleichung dazu führen, dass die Leistungen in Deutschland sinken müssten.

De Maizière droht in der Asylpolitik mit EU-Verfahren gegen Ungarn

Um höhere Lebenshaltungskosten in Deutschland etwa im Vergleich zu Rumänien auszugleichen, schlug de Maizière Kaufkraftzuschläge für einzelne Staaten vor. Ingesamt brauche es aber ein EU-weit einheitliches Asylverfahren. „Dazu müssen die Asylverfahren und die Leistungen für Asylbewerber in allen EU-Ländern im Wesentlichen gleich sein.“ Nötig sei auch ein einheitlicher Rechtsschutz, forderte der Innenminister. „Bei uns können abgelehnte Asylbewerber über diverse rechtliche Klagewege ihre Abschiebung hinauszögern, deutlich mehr als anderswo.“

Mit Blick auf die Ankündigung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Flüchtlingsverteilung keine Asylsuchenden aufzunehmen, sagte de Maizière, ein Staat könne sich einem EuGH-Urteil nicht widersetzen. „Sonst muss die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Das ist der richtige Weg.“

Ungarn kritisiert Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Flüchtlingen

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    Zugleich betonte der CDU-Politiker, die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge müsse reduziert werden, um alle EU-Länder für eine europäische Flüchtlingsverteilung zu gewinnen. „Je geringer die Zahl derer ist, die nach Europa kommen, desto höher wird die Neigung der Osteuropäer sein, sich an einer Verteilung zu beteiligen.“

    Özdemir lehnt Angleichung der Leistungen für Asylbewerber ab

    Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir hat die Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einer europäischen Angleichung der Leistungen für Asylbewerber als verfassungswidrig abgelehnt. „Das Verfassungsgericht hat klargemacht, dass Leistungen für Flüchtlinge den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Europa entsprechen müssen und nicht unter das Existenzminimum gedrückt werden können“, sagte Özdemir unserer Redaktion.

    Daher werde de Maizieres Vorschlag, der auf populistischen Stimmenfang ziele, keinen Bestand haben. „Ein Innenminister hat sich an das Grundgesetz zu halten“, betonte Özdemir.

    Martin Schulz: „Ich war seit jeher dafür“

    SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wiesbaden für den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ausgesprochen, einheitliche Asylverfahren und Leistungen für Flüchtlinge in allen EU-Ländern einzuführen. „Ich war seit jeher dafür“, sagte Schulz am Samstag.

    Schulz besuchte gemeinsam mit dem SPD-Bundestagskandidaten Simon Rottloff und dem Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) das Internationale Sommerfest des Ausländerbeirats. „Wenn Herr de Maizière jetzt mit einer Schrecksekunde von vier Jahren aufgewacht ist, dann ist das besser als weiter vor sich her zu pennen“, sagte Schulz. Allerdings habe diese Forderung nur einen Hintergrund: Panik vor der rechten Szene. „Der Glaube, man könne mit dem Nachplappern von deren Parolen diese Leute in Schach halten, ist ein Irrtum, man macht sie nur stark“, erklärte Schulz. (dpa/epd/küp)