Brüssel. Richter bestätigen: Asylregeln gelten auch bei Massenandrang wie im Jahr 2015, als Migranten ohne Kontrolle weitergeleitet wurden.

Die Kanzlerin macht Urlaub, aber an diesem Mittwoch dürfte sie verfolgt haben, was sich in Luxemburg tut. Dort hat der Europäische Gerichtshof Entscheidungen und Vorentscheidungen gefällt, die den Spielraum von Angela Merkels Flüchtlingspolitik bestimmen. Vorläufige Erkenntnis: Die deutsche Regierungschefin kann sich im Großen und Ganzen bestätigt fühlen.

Europäische Solidarität: Die aus deutscher Sicht hilfreichste Feststellung liefert EuGH-Generalanwalt Yves Bot. Er bestätigt in einer Urteilsempfehlung die Position der Bundesregierung, wonach die Bewältigung des Flüchtlingsandrangs ein Fall für europäische Solidarität ist. Ein entsprechender Beschluss des EU-Ministerrats vom September 2015 sei rechtlich in Ordnung, die Klage Ungarns und der Slowakei dagegen, der sich später auch Polen anschloss, unbegründet. Wenn das Gericht der Auffassung des Generalanwalts folgt, wären beide Länder verpflichtet, sich an der Verteilung von Flüchtlingen zu beteiligen.

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    Dublin-Regeln: Zugleich bestätigte das Gericht die geltenden Zuständigkeiten im EU-Asylsystem. Nach der sogenannten Dublin-Regel muss das erste EU-Land, in dem ein Asylsuchender ankommt, dessen Ansprüche prüfen. An dieser Zuständigkeit ändert sich nach einem am Mittwoch ergangenen EuGH-Urteil nichts, auch wenn der betreffende Staat vor einem Massenandrang kapituliert und die Flüchtlinge ohne Kontrolle weiterleitet. Nach dem Luxemburger Spruch sind Österreich, Deutschland und andere Zielländer prinzipiell berechtigt, aus Italien kommende Flüchtlinge dorthin auch zurückzuschicken.

    Ausnahmen bei den Dublin-Regeln: Die Luxemburger Richter bekräftigten, dass die Dublin-Regeln humanitäre Ausnahmen zulassen. Jedes EU-Land könne „einseitig oder in abgestimmter Weise im Geiste der Solidarität“ die Prüfung von Asylanträgen übernehmen, auch wenn eigentlich ein anderer Staat zuständig sei.

    Nach Angaben der Kommission sind bislang knapp 25.000 Personen umgesiedelt worden. Gut 26.000 weitere müssten bis September untergebracht werden. Innenkommissar Avramopoulos forderte die Mitgliedstaaten zu regerer Beteiligung auf. Die Kommission will Polen, Ungarn und Tschechien in Luxemburg verklagen, wenn sie nicht binnen eines Monats mitmachen.