Madrid. Eine neue Studie erforscht, was die Spanier über die Deutschen wissen – und was sie von ihnen halten. Die überraschenden Ergebnisse.

Die Deutschen lieben Spanien. Aber liebt Spanien sie auch? Sicher, der Tourismus spült Jahr für Jahr Geld in die Kassen. Fast zehn Millionen deutsche Urlauber ließen sich im Jahr 2022 auf Mallorca und anderswo die spanische Sonne auf die Haut scheinen und zahlten dafür. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – sind die Spanier von ihnen nicht nur begeistert.

Harter Tobak für die „alemanes“, den das spanische Forschungsinstitut Real Instituto Elcano da mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Madrid in einer Meinungsstudie zusammengefasst hat. „Das Bild Deutschlands in Spanien“ kommt an mancher Stelle einer Karikatur allzu nah. Demnach finden nur 37 Prozent der Spanier die Deutschen so richtig sympathisch. „Cabezas cuadradas“ nennen sie sie auch gern – „Quadratschädel“. Das ein oder andere Klischee bleibt eben nicht aus.

Spanier schätzen Lebensqualität im eigenen Land

Die Spanier sind stolz auf ihre eigene Nation: „Mehr als die Hälfte glaubt, dass die Lebensqualität in Spanien größer ist“, so der Bericht der Meinungsforscher. Nicht umsonst haben Hunderttausende Deutsche einen Ferien- oder Zweitwohnsitz südlich der Pyrenäen erworben, mehr als 100.000 haben sogar ihren Erstwohnsitz in Spanien. Auch deutsche Erasmus-Studenten studieren am liebsten in Spanien.

Spanien ist als Urlaubsland bei Deutschen sehr beliebt. Vor allem auf Mallorca tummeln sie sich, wie hier am Strand Cala Agulla im Westen der Insel.
Spanien ist als Urlaubsland bei Deutschen sehr beliebt. Vor allem auf Mallorca tummeln sie sich, wie hier am Strand Cala Agulla im Westen der Insel. © dpa | Clara Margais

Als Indiz für bessere Lebensqualität gilt die vergleichsweise hohe Lebenserwartung in Spanien, die nach den jüngsten OECD-Zahlen mit statistischen 83,3 Jahren über jener in Deutschland (80,9) liegt. Das Klima und die lockere spanische Lebensart könnten dabei eine Rolle spielen, sagen die Wissenschaftler. Genauso wie die berühmte mediterrane Diät, zu der Salate, Gemüse, Obst, Fisch und Olivenöl gehören. Die Gemüsesuppe „Gazpacho“, die aus Tomaten, grüner Paprika und Gurken kalt gepresst wird, gehört zu den spanischen Nationalgerichten.

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Über die deutsche Küche, die gemeinhin mit Eisbein, Sauerkraut, Würstchen und Kartoffelsalat assoziiert wird, haben die Spanier keine besonders gute Meinung: Auf einer Bewertungsskala von 0 bis zur Höchstnote 10 bekamen deutsche Speisen nur die mäßige Note 5,3. Das entspricht einem „ausreichend“ – nicht gerade eine kulinarische Werbung für Deutschland.

Spanier wissen wenig über deutsche Kultur

Auch ihr eigenes Kulturgut schätzen die Spanier höher als das der Deutschen. Picasso, Dalí, Miró, Velázquez und Goya sind klingende Namen in der Kunstgeschichte. Der Einfluss der maurisch-arabischen Kultur hat Spanien einzigartige Bauten beschert. Dass Deutschland ebenfalls viel an Kultur zu bieten hat, wissen laut der Studie nur die wenigsten Spanier. Was vermutlich daran liegt, dass die Spanier lieber Frankreich, Portugal oder Italien bereisen statt das Land von Goethe, dessen Sprache nur eine kleine Minderheit der Spanier spricht.

„Die Kenntnisse über Deutschland sind gering“, bilanzieren die Forscher. Entsprechend wussten auch nur zwölf Prozent der spanischen Befragten, dass es in Deutschland mehr von der Unesco als Weltkulturerbe geschützte Stätten gibt als in Spanien – die Weltkultur-Liste wird angeführt von Italien und China, auf dem dritten Platz folgt Deutschland, auf dem vierten liegt Spanien.

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Ganz so schlecht, wie sich das alles anhört, kommen die Deutschen aus spanischer Sicht dann aber doch nicht weg. Immerhin fährt Deutschland in der diesjährigen Umfrage das beste Ergebnis seit 2006 ein. Die Spanier bewundern die Deutschen wegen ihrer Disziplin, Organisationsfähigkeit und wirtschaftlichen Leistung. Sie „halten Deutschland verglichen mit Spanien in den meisten Aspekten für überlegen“, so die Meinungsforscher. Das gelte besonders für den politischen Einfluss in der Welt, die Wirtschaft, die technische und wissenschaftliche Entwicklung, die Demokratie, den Umweltschutz und auch die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen.

Dass sich 62 Prozent der Spanier in Sachen Gleichstellungspolitik den Deutschen unterlegen fühlen, überrascht: Denn Spaniens amtierender Regierungschef Pedro Sánchez hat sein Land, das lange Zeit als Macho-Hochburg galt, zu einem europäischen Vorreiter in der feministischen Politik. Mit dem Ergebnis, dass Spanien heute im amtlichen EU-Gleichstellungsindex vor Deutschland rangiert.

Kein Deutscher, der schon mal stolz „una cerveza“ an der Strandbar bestellt hat, wird es wahrhaben wollen. Aber die Studie zeigt: „Der überwiegende Teil der Spanier betrachtet Deutschland mit einer emotionalen Distanz.“