Wiesbaden. Ministerpräsident Rhein tritt mit einem schwarz geschminkten Narren vor die Kameras. Das Foto sorgt für Ärger – und schräge Vergleiche.

Twitter-User kritisieren den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) für ein Foto mit einem schwarz geschminkten Narren bei einer Karnevalsveranstaltung. Auf dem Empfang für die Fastnachtsvereine aus Hessen im Schloss Biebrich ließ sich der Karnevalsteilnehmer zusammen mit dem Ministerpräsidenten ablichten.

Die als "Blackfacing" bekannte Praxis, bei der sich weiße Menschen als schwarze Menschen verkleiden und schminken, wird oftmals als rassistisch und diskriminierend verurteilt. Blackfacing – auf Deutsch: sich das Gesicht schwärzen – hat eine lange Tradition in der europäischen Kolonialgeschichte. Weiße Menschen machten sich mit dieser Darstellung über unterdrückte Minderheiten lustig.

Auch in Film und Fernsehen wurden schwarze Charaktere fast nur von Weißen gespielt. Rassistische Stereotype wurden so noch lange im 20. Jahrhundert weiterverbreitetet. Bis heute gibt es immer wieder Vorfälle von Blackfacing im deutschen Karneval.

Boris Rhein (CDU, l), Ministerpräsident von Hessen, und seine Frau Tanja Raab-Rhein (CDU, 2.v.r) stehen mit Karnevalisten der 1. Ober-Mörler Karnevals Gesellschaft Mörlau e. V. im Saal von Schloss Biebrich. Der Regierungschef dankte den Prinzenpaaren und ihrem Hofstaat stellvertretend für das ehrenamtliche Engagement aller Fastnachter und Karnevalisten in Hessen.
Boris Rhein (CDU, l), Ministerpräsident von Hessen, und seine Frau Tanja Raab-Rhein (CDU, 2.v.r) stehen mit Karnevalisten der 1. Ober-Mörler Karnevals Gesellschaft Mörlau e. V. im Saal von Schloss Biebrich. Der Regierungschef dankte den Prinzenpaaren und ihrem Hofstaat stellvertretend für das ehrenamtliche Engagement aller Fastnachter und Karnevalisten in Hessen. © picture alliance/dpa

Verein: "Fastnacht soll für alle da sein"

„Fastnacht soll für alle da sein und dies ist uns auch sehr wichtig“, bat eine Sprecherin des 1. Ober-Mörler Karnevalsgesellschaft „Mörlau“ um Entschuldigung für das Auftreten ihres Mitglieds. Laut der Webseite des Vereins ist der dargestellte "Mohr" ein traditionelles Markenzeichen der lokalen Fastnacht.

Ein Sprecher der hessischen Staatskanzlei sieht die Karnevalsgesellschaft und nicht den Ministerpräsidenten in Verantwortung: „Die Vereine entscheiden selbst, mit welchen Vereinsmitgliedern sie an dem Empfang teilnehmen“.

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Twitter: Ministerpräsident legt pietätlosen Auftritt hin

Viele Twitter-Kommentare kritisieren das gemeinsame Posieren des Ministerpräsidenten mit dem Narren. "Blackfacing ist eine rassistische und entmenschlichende Tradition, verbunden mit einer schmerzhaften Historie. Das Verhalten des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein beim Empfang in Wiesbaden war pietätlos", verurteilen die Jusos Hessen auf Twitter die Aktion. Ein anderer Twitter-User bezweifelt, dass Rhein im 21. Jahrhundert angekommen ist.

Seit kurzem ziehen zahlreiche Twitter-User einen Vergleich zu einem anderen aufsehenerregenden Kostüm in der hessischen Landesregierung. Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wasir (Grüne) zeigte sich in einem Video zur Fastnacht als "Shaun das Schaf", eine beliebte Figur aus einer Kinderfernsehserie. Dabei für einige Twitter-User problematisch: Al-Wasir malte sich für seine detailgetreue Verkleidung schwarz an.

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Vor allem die Politikerin und Aktivistin Jutta Ditfurth nahm daran Anstoß, bezeichnete das Outfit als Blackfacing und zog eine Parallele zum Vorfall auf der Karnevalsveranstaltung. "Der 'geheime Weg zum Wahlsieg' der #GrünenHessen geht über #Blackfacing", kommentierte sie unter dem gleichnamigen Video der Grünen auf Twitter, das den Wirtschaftsminister zusammen mit Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) zeigt.

Rhein und Al-Wasir: Wo der Unterschied liegt

Viele andere Twitter-User halten den Vorwurf für nicht haltbar. "Ich sehe kein #Blackfacing bei den hessischen Grünen, weil es klar ist, dass sich um die Figur „Shaun - das Schaf“ handelt", kommentiert eine von ihnen.

Die Comedy- und Buchautorin Jasmina Kuhnke hält die Assoziation für bedenklich: "Wie kommt man darauf ein Schaf mit Schwarzen Menschen zu assoziieren? Das ist irritierender als das Foto selbst!" Sie verweist auf einen echten Blackfacing-Fall wie den auf dem Foto mit Ministerpräsident Rhein.

Die Wissenschaftsministerin Angela Dorn, die als Schäferhund Bitzer das Schaf Shaun im Video begleitetet, ergänzt folgendes: "Shaun das Schaf ist eine Abbildung eines Suffolkschafes, das ist schwarz. Und das ist die Verkleidung. Bei Blackfacing geht es um die Darstellung von Menschen!" (os)

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