Jerusalem . In Jerusalem sind bei einem Angriff auf eine Synagoge sieben Menschen gestorben. Die Hamas erklärte Unterstützung für den Anschlag.

  • Am Freitag sind in Jerusalem bei einem Angriff auf eine Synagoge sieben Menschen gestorben
  • Am Samstag folgte der nächste Terroranschlag
  • Die Europäische Union appelliert an Israel, tödliche Gewalt nur als „letztes Mittel“ einzusetzen

Schüsse auf Betende in der Synagoge, ausgerechnet Freitagabend, dem Beginn des für Juden heiligen Schabbat: Der Anschlag, den nach ersten Erkenntnissen ein 21-jähriger Palästinenser gegen 20 Uhr in Ostjerusalem verübte, schockiert Israel.

Sieben Betende verloren bei dem Attentat ihr Leben, drei junge Männer befinden sich laut Angaben des roten Davidsterns in Lebensgefahr, weitere wurden verwundet. Der Terrorist wurde auf der Flucht vom Tatort von Sicherheitskräften getötet. Es handelt sich um einen Palästinenser aus Shuafat in Ostjerusalem, der den Behörden zuvor nie aufgefallen war. Die Terrorgruppen der Hamas erklärten Freitagabend ihre Unterstützung für den Anschlag.

Jerusalem: „Einer der schlimmsten Anschläge“

„Das ist einer der schlimmsten Anschläge der letzten Jahre“, sagt Yaakov Shabtai, oberster Polizeikommandant von Israel. Es gehe nun darum, möglichen Mittätern aufzspüren. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir besuchten am Abend des Anschlags die Szene.

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Am Samstag griff zudem ein gerade mal 13 Jahre alter Junge zwei Männer in einer israelischen Siedlung in Ost-Jerusalem an. Der Palästinenser verletzte Vater und Sohn dabei schwer. Bewaffnete Passanten schossen schließlich auf den Jungen, der anschließend medizinisch versorgt wurde.

Israel hat bereits ein konsequentes Vorgehen angekündigt. Die Sicherheitskräfte würden „entschlossen und energisch gegen den Terror handeln und jeden Beteiligten an dem Anschlag erreichen“, teilte der israelische Verteidigungsminister Joav Galant bereits am späten Freitagabend mit. Sicherheitskräfte in Jerusalem und im Westjordanland seien bereits verstärkt worden.

Die israelische Regierung möchte künftig härter gegen die Angehörigen von Attentätern vorgehen. Das Sicherheitskabinett kündigte in der Nacht zu Sonntag an, „Familien von Terroristen, die Terrorismus unterstützen“, die Sozialhilfe zu streichen. Die Regierung werde zudem über einen Gesetzentwurf beraten, der vorsehe, den betreffenden Angehörigen ihre israelischen Ausweise zu entziehen.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (M. r.) und Itamar Ben-Gvir (M. l), Minister für nationale Sicherheit, besuchen den Tatort.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (M. r.) und Itamar Ben-Gvir (M. l), Minister für nationale Sicherheit, besuchen den Tatort. © Oren Ziv/dpa

Angesichts der eskalierenden Gewalt im Nahen Osten hat die Europäische Union an Israel appelliert, tödliche Gewalt nur als „letztes Mittel“ einzusetzen. Die EU „erkenne Israels legitime Sicherheitsbedenken, die von den jüngsten Terroranschläge erneut gerechtfertigt werden, voll und ganz an, aber es muss betont werden, dass tödliche Gewalt nur als letztes Mittel eingesetzt werden darf, wenn sie zum Schutz von Leben absolut unvermeidlich ist“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Samstag.

Es sei dringend erforderlich, die „Spirale der Gewalt“ umzukehren und erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen, erklärte Borrell weiter. „Wir appellieren an alle Parteien, nicht auf Provokationen zu reagieren.“

Auch Russland rief die Konfliktparteien zu „größtmöglicher Zurückhaltung“ auf. „Wir sind angesichts der Entwicklung der Ereignisse zutiefst besorgt“, erklärte das russische Außenministerium am Samstag. „Wir rufen alle Parteien dazu auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben und eine weitere Eskalation der Spannungen zu verhindern.“

Experten hatten zuvor gewarnt, dass die neue ultrarechte Regierung in Israel zu einer militärischen Eskalation führen könnte.

Westjordanland: Beinahe täglich tödliche Konfrontationen

Es sind angespannte Tage in Israel und den Palästinensergebieten. Am Donnerstag hatte die israelische Armee neun Menschen in Dschenin im von Israel besetzten Westjordanland getötet und zwanzig weitere verletzt. Auf palästinensischer Seite spricht man von einem Massaker. Die Stadt Dschenin liegt keine 80 Kilometer Luftlinie von Jerusalem entfernt und gehört zu den allein von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Zonen.

Die Stadt gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Diese sind eng mit Gruppierungen im Gazastreifen verknüpft. In der Nacht auf Freitag feuerten dann Terrorgruppen aus dem Gazastreifen sieben Raketen auf den Süden Israels ab. Davon wurden vier vom israelischen Verteidigungswall Iron Dome abgeschirmt, drei fielen in unbewohntem Gebiet ab. Verletzte wurden nicht gemeldet.

Die radikale Gruppierung Islamischer Dschihad teilte mit, die Raketen seien „Teil einer Botschaft“ gewesen, um zu zeigen, dass „palästinensisches Blut nicht billig ist“. Israel beschoss im Gegenzug Rüstungsstationen in Gaza.

Seit fast einem Jahr kommt es im Westjordanland beinahe täglich zu tödlichen Konfrontationen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. Seit einer Serie von Anschlägen, die Palästinenser im Frühjahr verübt haben, unternimmt Israels Armee dort vermehrt Razzien. Allein in diesem Jahr wurden in dem Zusammenhang oder bei eigenen Anschlägen rund 30 Palästinenser getötet, unter ihnen fünf Jugendliche.

Militante Palästinenser feiern den Anschlag

Ost-Jerusalem wurde 1967 von der israelischen Armee erobert, Israel annektierte das Gebiet und erklärte die vereinte Stadt zur Hauptstadt der Nation. Die Palästinenser wehren sich dagegen, da auch sie Jerusalem als Hauptstadt eines möglichen Palästinenserstaates sehen.

Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland haben mit Freudenfeiern auf den Terroranschlag vom reagiert. Augenzeugen berichteten, wie Militante am Freitagabend in die Luft schossen und auf die Straßen strömten.

Anschlag auf Synagoge: Terrorakt am Holocaust-Gedenktag

Die USA haben den Anschlag verurteilt. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, sagte: „Unsere Gedanken, Gebete und unser Beileid gelten denjenigen, die bei diesem abscheulichen Gewaltakt getötet und verletzt wurden.“ Die Tat sei „absolut entsetzlich“. Die USA setzten sich ungebrochen für die Sicherheit Israels ein; man stehe in direktem Kontakt mit den israelischen Partnern.

Das US-Außenministerium hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass Außenminister Anthony Blinken am kommenden Montag und Dienstag nach Israel, ins Westjordanland und nach Ägypten reisen werde. Dabei werde er erstmals mit Netanjahu seit dessen erneuten Amtsantritt zusammentreffen. Auch eine Begegnung mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sei geplant. Ziel der Gespräche sei es, „Schritte zur Deeskalation der Spannungen zu unternehmen, um den Kreislauf der Gewalt zu beenden“, teilte der Sprecher des Außenministeriums in Washington, Ned Price mit.

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Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, drückte nach dem Terroranschlag sein Mitgefühl aus. Er sei tief betrübt über die Berichte, schrieb Seibert auf Englisch auf Twitter. Er sprach von einem „bösen Terrorakt gegen Juden am Holocaust-Gedenktag“. „Mein Mitgefühl gilt den Familien der ermordeten Opfer, und ich bete für die Gesundheit der Verletzten.“

Auch die Vereinten Nationen verurteilten den Anschlag scharf. „Es ist besonders abscheulich, dass der Angriff an einem religiösen Ort erfolgt ist und an genau dem Tag, an dem wir dem Holocaust gedenken“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres in New York laut Mitteilung. Die Eskalation der Gewalt in Israel und den Palästinensergebieten bereite ihm große Sorgen, sagte Guterres weiter. „Jetzt ist der Moment, um die allergrößte Zurückhaltung auszuüben.“

(mit mark/dpa/afp)