Berlin. Superreiche haben sich in den vergangenen Jahren in Neuseeland eingekauft. Ihr Ziel: einen Zufluchtsort für ein Endzeitszenario haben.

2021 kam eine britische Studie zu dem Schluss, dass sich eine Apokalypse am besten in Neuseeland oder auf der australischen Insel Tasmanien überleben ließe. Mehrere Tech-Milliardäre haben sich deswegen in den letzten Jahren in Neuseeland eingekauft und einige haben sogar Bunker gebaut. In seinem neuen Buch "Survival of the Richest" zeigt US-Autor Douglas Rushkoff jedoch auf, warum die bekannten Überlebensstrategien der Superreichen möglicherweise vergebens sind.

In seinen Ausführungen schildert Rushkoff, der als Professor an der City University of New York lehrt, wie ihn einige Tech-Milliardäre einst um einen Vortrag über "die Zukunft der Technologie" baten. Für seine Dienste wurde Rushkoff ein exorbitantes Honorar angeboten, etwa ein Drittel seines Jahresgehalts als Professor – zusammen mit Flügen und einer dreistündigen Limousinenfahrt zu einem mysteriösen Treffpunkt in der Wüste, wie er dem australischen Sender ABC berichtete.

Superreiche: Vorbereiten auf eine mögliche Apokalypse

Die Superreichen bombardierten Rushkoff mit etlichen Fragen über eine mögliche Apokalypse. Letztere nennen die reichen Prepper "the Event" oder auf Deutsch "das Ereignis". Damit fassen sie verschiedene Endzeitszenarien zusammen – einen Umweltkollaps, soziale Unruhen, einen Atomkrieg, einen Sonnensturm, eine unaufhaltsame, tödliche Viruserkrankung oder einen bösartigen Computerhack, der alles zum Erliegen bringen würde.

Wissen wollten die Reichen beispielsweise, wie sie nach dem "Ereignis" die Autorität über ihre Sicherheitskräfte aufrechterhalten könnten oder welches der bessere Ort für einen Doomsday-Bunker sei: Neuseeland oder vielleicht doch Alaska? Auch die Frage, wie sie bezahlen würden, wenn Kryptowährung wertlos wäre, kam auf, und ob es nicht vielleicht besser wäre, Roboter anstatt menschlicher Wachen zum Einsatz zu bringen. "Die meiste Zeit der Stunde ging es um 'Walking Dead'-Szenarien", sagte Rushkoff und bezog sich dabei auf eine beliebte Serie über eine fiktionale Zombie-Apokalypse.

Geheimcode "Neuseeland" im Silicon Valley

Wer die fünf Männer waren, die Rushkoff anheuerten, ist nicht bekannt. Doch es ist kein Geheimnis, dass sie nicht die einzigen sind, die ein Endzeitszenario fürchten. Paypal-Mitgründer Peter Thiel ist einer der bekanntesten Milliardäre, die sich seit Jahren auf die Apokalypse vorbereiten. Der deutschstämmige Thiel ist seit 2011 neuseeländischer Staatsbürger und soll dort abgelegene Grundstücke gekauft haben. Im August wurden Thiels Pläne, eine bunkerähnliche Lodge zu bauen, allerdings abgeschmettert.

Und bereits 2017 bestätigte LinkedIn-Mitgründer Reid Hoffman dem "New Yorker", dass Neuseeland zu erwähnen, im Silicon Valley ein wenig wie ein Geheimcode sei. "Wenn man sagt, man kauft ein Haus in Neuseeland, dann ist das ein wenig wie 'zwinker, zwinker', und man braucht nicht mehr zu sagen", meinte er. Der Trend ging sogar soweit, dass sich die neuseeländische Regierung 2018 gezwungen sah, den Hauskauf von Ausländern per Gesetz einzuschränken, um nicht Einheimische durch die stetig steigenden Preise vom Immobilienmarkt auszuschließen.

Große Inseln haben Vorteile

Dass Neuseeland trotz Erdbeben und Vulkanen einer der besseren Orte ist, um ein Endzeitszenario zu überdauern, ist inzwischen sogar wissenschaftlich nachgewiesen. So ergab eine britische Studie aus dem vergangenen Jahr, dass Neuseeland, die australische Insel Tasmanien, Irland, Island und Großbritannien zumindest bei einem Klimakollaps die besten Chancen bieten.

Alle fünf Orte weisen derzeit eine geringe Temperatur- und Niederschlagsvariabilität auf. Das heißt, dass dort trotz der Auswirkungen des Klimawandels vermutlich relativ stabile Bedingungen bestehen bleiben. Außerdem sind sie alle groß genug, um sich im Hinblick auf Energie und Landwirtschaft selbst zu versorgen. Hinzu kommt, dass es sich bei all diesen Orten um Inseln handelt, für die es leichter ist, ihre Grenzen zu überwachen und Migration damit erfolgreich zu begrenzen.

Unterirdische Anlagen: "absurd brüchig"

Doch die wahren Prepper verlassen sich nicht rein auf ein Häuschen in Neuseeland. Wie Rushkoff in seinem neuen Buch schreibt: "In der Zukunft von Minecraft-meets-Waterworld, wie sie sich 'Aquapreneurs' vorstellen, sollen wohlhabende Menschen in unabhängigen, frei schwebenden Stadtstaaten leben." So zielt das sogenannte Seasteading Institute, das von Patri Friedman, dem Enkel des Ökonomen Milton Friedman, mitgegründet wurde, darauf ab, "Startup-Communities aufzubauen, die mit einem gewissen Maß an politischer Autonomie auf dem Ozean schwimmen". Als weitere Alternative, um die Apokalypse zu überleben, werden unterirdische Bunker angeboten. Die US-amerikanische Firma Vivos verkauft beispielsweise luxuriöse unterirdische Wohnungen in umgebauten Einrichtungen aus der Zeit des Kalten Krieges.

Doch Rushkoff ist bei aller Expertise, die er über die Jahre zum Thema "Doomsday Prepping" – also dem Vorbereiten auf ein Endzeitszenario – gesammelt hat, skeptisch, ob irgendeines der Programme, die die Milliardäre erdacht haben, funktionieren wird. So schreibt er in seinem Buch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bunker seine Bewohner tatsächlich vor der Realität schütze, sehr gering sei, da "die geschlossenen Ökosysteme unterirdischer Anlagen absurd brüchig sind".

Wenn beispielsweise der unterirdische hydroponische Garten von Schimmel oder Bakterien überwuchert würde, gäbe es keine Rettung, dann würde man sterben. Auch kleine Inseln wären abhängig von Luft- und Seelieferungen für Grundnahrungsmittel und das gleiche gelte für das Seasteading – also die Idee, autonome, schwimmende Ministaaten aufzubauen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.