Berlin. Mit der Tochter in Reizwäsche und High Heels: Die erste gemeinsame Kampagne von Heidi (49) und Leni Klum (19) verstört besonders die Briten.

Die modisch gekleidete Mittdreißigerin bleibt auf der Münchener Shoppingmeile Kaufingerstraße vor einem Werbeplakat stehen. Auf dem Schwarzweißfoto sind zwei Frauen in Dessous und High Heels zu sehen. „Ziemlich awkward“, sagt sie, was so viel heißt wie: Sie ist peinlich berührt. „Ich würde mit meiner Tochter nie so posieren.“

Denn die Models auf dem Bild sind Deutschlands bekanntestes Mutter-Tochter-Gespann: Heidi (49) und Leni Klum (18). Auftraggeber ist ein italienischer Reizwäsche-Hersteller. Es ist die erste gemeinsame Werbekampagne der„Germany’s Next Topmodel“-Moderatorin und des 18-jährigen Models, seit die Mutter ihre Tochter Anfang 2021 aufmerksamkeitswirksam in die Glamourwelt einführte – standesgemäß mit einer Titelgeschichte in der „Vogue“.

Heidi-Klum-Kampagne steuert auf das letzte Tabu zu

Fotostrecke und Clip der Werbung wurden von Klums früherem GNTM-Juror Thomas Hayo in Los Angeles produziert. Zwei Profis also, welche die Wirkung ihrer Bilder genau kalkulieren. Sinnliche Posen und ein Kuss zwischen Mutter und Tochter – die Kampagne steuert auf das letzte Tabu zu, biegt aber vorher noch ab.

Es ist eine Provokation, hervorgerufen durch eine indirekte Bildsprache, die provozieren, sich aber dem direkten Vorwurf entziehen will. Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt.

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Heidi Klum wird in Social Media kritisiert

In Deutschland reagiert man relativ gelassen auf den neuesten Coup der Rheinländerin. Kritik gibt es vor allem in Social Media: „Ich denke eigentlich, ich bin fortschrittlich in solchen Sachen, aber Mutter und Tochter in Dessous im selben Video ist einfach ein bisschen eklig“, kommentiert eine Instagram-Nutzerin. Eine andere schreibt: „Unfassbar traurig!!! Jetzt zerrt Heidi ihre Tochter in Dessous vor die Kamera, um sich selbst zu profilieren.“ Andere sind begeistert, schreiben: „Wunderschön“ oder „Was für eine tolle Mutter-Tochter-Kombo.“

„Ist das so eine deutsche Sache?“

Doch besonders britische Medien schießen scharf gegen das Klum-Doppel. Die renommierte Modejournalistin Anna Murphy schreibt in ihrer Kolumne in der „London Times“, sie sei „überrascht, von der, nun ja, Intimität einiger der Aufnahmen“. Statt nach „Schwesternschaft“ sähen sie eher nach Verführung aus. Und dann stellt sie die rhetorische Frage: „Ist das so eine deutsche Sache?“

Damit meint sie die im Ausland angenommene Vorstellung, Deutsche gingen mit Nacktheit unbefangen um. „Ich habe meinen Körper nie versteckt“, sagte Heidi Klum einmal. „Ich habe mich nie unsicher wegen meines Körpers gefühlt oder mich für ihn geschämt. Ich liebe es, nicht allzu viel anzuhaben. Es ist ein freies Gefühl, wie ich es damals als Kind hatte, als ich in Deutschland aufwuchs. Wenn wir zum Strand gingen, badete meine Mutter immer oben ohne.“ Lesen Sie auch:Wie die Kinder der Stars die Laufstege erobern

Heidi Klum reiht sich in die ehrgeizigen Model-Mütter ein

„Heidi reiht sich in die Model- und Promi-Mütter ein, welche die strategische Entscheidung getroffen haben, ihre Mädchen zur Schau zu stellen“, entrüstet sich die Moderatorin Ulrike Johnson in der „Sun“. Sie wirft Klum Senior vor, ihre Tochter wie eine „Ware“ anzubieten – ähnlich wie es ehrgeizige Modelmütter wie Cindy Crawford, Kate Moss und Yolanda Hadid getan haben.

Heidi und Leni Klum in der deutschen „Vogue“-- Geld gibt es dafür kaum, aber Prestige.
Heidi und Leni Klum in der deutschen „Vogue“-- Geld gibt es dafür kaum, aber Prestige. © dpa | Chris Colls
Senkrechtstart zu den ganz großen Marken: Leni Klum im Somer 2021 bei einer Schau von Dolce & Gabbana in Paris.
Senkrechtstart zu den ganz großen Marken: Leni Klum im Somer 2021 bei einer Schau von Dolce & Gabbana in Paris. © dpa | Manuele Mangiarotti

Mutter und Tochter, die in BHs, Pantys und High Heels kuschelten und sich küssten, das sei „verstörend und irgendwie eklig“, findet die feministische Autorin Maureen Callahan und sorgt sich in einem Gastbeitrag der „Daily Mail“ um Lenis Wohlergehen: „Welches Kind will aufs College, nachdem es inzestuös mit der Mutter posiert hat?“

Laut Dessous-Firma geht es um Selbstliebe

In einer Pressemitteilung erklärt sich der Dessous-Vertreiber: Heidi Klum sei eine „Powerfrau“ und stünde für Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein. Leni Klum hingegen verkörpere eine „natürliche Leichtigkeit“ und zeige auch, „dass Stärke keine Frage des Alters ist“.

Die 18-Jährige habe eine deutliche Botschaft – sie wolle „junge Frauen darin bestärken, sich selbst zu lieben“. Liebe, Freundschaft, Unterstützung, dafür stehe die Kampagne, welche „die innige Verbindung zwischen Mutter und Tochter“ hervorhebe. Diese Werte wolle man mit den Aufnahmen feiern.