Hannover. Die Ganzgenomanalyse kann nicht nur neue Coronavirus-Varianten erkennen, sondern auch die Infektionswege in Pflegeheimen nachzeichnen.

Die sogenannte Sequenzierung von positiven Corona-Abstrichen ist vor allem dafür bekannt, die Verbreitung neuer Virusvarianten zu messen – beim Verdacht auf Straftaten kann die Laboranalyse aber zumindest in der Theorie helfen, die Infektionswege genau nachzuvollziehen.

Corona: Labore ermitteln Infektionsketten

Dazu werden bei einer Ganzgenomsequenzierung alle etwa 30.000 Bestandteile des Erbguts der Corona-Viren betrachtet und jeweils einem von vier möglichen Molekülen zugeordnet.

„Dadurch ergibt sich eine sehr große Zahl an potenziellen Kombinationen, die sich von Probe zu Probe unterscheiden“, so das niedersächsischen Landesgesundheitsamt in Hannover, dass auch nach dem Ausbruch in dem Hildesheimer Pflegeheim die Analyse durchführte. Mehr zum Thema: Corona-Ausbrüche in Heimen: 28.000 Tote – nur eine Anklage?

Diese Kombinationen werden wiederum grob zu bestimmten Mutationsmustern zusammengefasst, also beispielsweise Delta oder Omikron. „Vergleicht man jedoch die zu einer Linie gehörenden Proben im Detail, kann man immer noch eine Vielzahl an Abweichungen zwischen den Proben feststellen“.

Minimale Mutationen sind ausschlaggebend

Ein wichtiger Grund dafür, dass die Proben derselben Variante sich im Labor unterscheiden lassen, sind minimale Mutationen des Virus im Laufe der Infektionskette – diese treten nicht bei jeder Ansteckung auf, aber ermöglichen Hinweise darauf, wer wen angesteckt haben könnte.

Je länger die Infektionskette ist, desto mehr solcher Abweichungen und damit auch Indizien sind wahrscheinlich. „Zusammen mit epidemiologischen Daten wie dem wahrscheinlichen Erkrankungsbeginn ergeben sich abschließend oft einzelne oder aber auch mehrere mögliche Hypothesen zu den Übertragungswegen“, teilt das Landesgesundheitsamt in Hannover auf Anfrage weiter mit.

Wie stichhaltig diese Annahmen sind, lasse sich nicht pauschal beantworten – grundsätzlich steige die Verlässlichkeit, je mehr Proben aus einer Infektionskette zur Verfügung stehen. Eine 100-prozentige Sicherheit ist nach Einschätzung von Experten aber kaum zu erreichen.

Um im Fall einer Straftat einen Ausbruch auf eine Person zurückzuführen, muss mit Vergleichsproben aus der Bevölkerung zudem ausgeschlossen werden, dass es keine weitere Quelle des Ausbruchs gegeben haben kann. (crh)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.