Berlin. Die Firma Tönnies steht in der Kritik, weil einige Produkte Separatorenfleisch enthalten sollen. Doch es wäre nicht der erste Skandal.

Immer wieder gerät die Fleischindustrie in die Schlagzeilen. Nur selten aus positiven Gründen. Das zeigt auch der neueste: Der deutsche Fleischproduzent Tönnies steht im Verdacht, in seinen Geflügelwurstprodukten Separatorenfleisch zu verarbeiten. Die Hinweise darauf lieferten laut Medienberichten neue Laboruntersuchungen. Der Verwendung des minderwertigen Fleischprodukts ist in Deutschland zwar nicht verboten, muss allerdings gekennzeichnet werden – was bei den untersuchten Produkten nicht der Fall war.

Neben Tönnies stehen auch Unternehmen wie Wiesenhof und Wiltmann im Verdacht, Separatorenfleisch verarbeitet zu haben – die beschuldigten Firmen dementierten die Berichte bisher. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre es nicht der erste Skandal in der Geschichte der Firma Tönnies. Das Unternehmen geriet bereits mehrfach in die Kritik.

Tönnies installierte Überwachungskameras in Umkleidekabinen

Bereits im Jahr 2008 kamen Vorwürfe in Bezug auf die schlechten Arbeitsbedingungen bei dem Fleischproduzenten auf. Die ARD veröffentlichte einen Bericht, der zeigte, dass die Mitarbeitenden videoüberwacht wurden – auch in den Umkleidekabinen und den Toiletten. Tönnies musste damals eine Strafe von 80.000 Euro zahlen.

2011 musste sich Tönnies wegen eines Verdachts auf Betrug vor dem Landgericht Essen behaupten. Vorausgegangen war dem Verfahren der Vorwurf, Tönnies hätte an Supermarktketten geliefertes gemischtes Hackfleisch nicht richtig gekennzeichnet. Das Verfahren wurde allerdings gegen eine Auflage von 2,98 Millionen eingestellt.

Corona-Ausbruch bei Tönnies sorgte für Aufsehen

Nur zwei Jahre später kamen jedoch erneut Vorwürfe zu den mangelhaften Arbeitsbedingungen in den Schlachtbetrieben auf. Die ARD veröffentlichte eine Reportage darüber, dass Tönnies im Fleischwerk in Rheda-Wiedenbrück über Subunternehmen zahlreiche südosteuropäische Fleischzerleger beschäftigen würde. Diese berichteten unter anderem von Bezahlungen unterhalb des Mindestlohns, fehlende Krankenversicherungen, unrechtmäßige Kündigungen und unzureichender Arbeitsbekleidung.

Bundesweites Aufsehen erregte Tönnies aber vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie, als sich – ebenfalls am Standort Rheda-Wiedenbrück – über 1.400 der knapp 7.000 Mitarbeitenden mit dem Coronavirus infizierten. Der Schlachtbetrieb wurde übergangsweise eingestellt, die Angestellten mussten sich für 14 Tage in Quarantäne begeben. Zeitweise wurde für die Landkreise Gütersloh und Warendorf ein Lockdown verhängt.

Mangelhafte Arbeits- und Wohnbedingungen bei Tönnies

Mit dem Corona-Ausbruch kam auch erneut Kritik an den Arbeitsbedingungen vor Ort und der Subunternehmens-Struktur, mit der Tönnies einen großen Teil der Arbeitenden aus Südosteuropa beschäftigt, auf.

Bei der Wiedereröffnung des Betriebes nach den Corona-Schließungen gab es Kundgebungen und Proteste vor der Fabrik in Rheda-Wiedenbrück. Kontrollen der Behörden in Nordrhein-Westfalen zeigten, unter was für schlechten Bedingungen die ausländischen Arbeitskräfte leben mussten. Ingesamt wurden 1900 gravierende Mängel festgestellt, darunter etwa Schimmelbefall, fehlende Hygienemaßnahmen, Einsturzgefahr oder undichte Dächer. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) brachte schließlich ein Gesetz auf den Weg, dass Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie seit Anfang 2021 verbietet.

Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.