Berlin. Biontech meldet erste Erfolge einer mRNA-Therapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Unternehmenschefin kündigt eine große Studien an.

Das Mainzer Medizinunternehmen Biontech meldet einen zaghaften Erfolg für eine mRNA-Therapie gegen eine der tödlichsten Tumorarten – Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Therapie, die nach der operativen Entfernung des Tumors und zusätzlich zur Chemotherapie eingesetzt wurde, habe die Rückfallquote bei acht von 16 Patienten innerhalb von 18 Monaten deutlich reduziert, teilt Biontech mit.

„Da nur weniger als fünf Prozent der Patientinnen und Patienten auf die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten ansprechen, ist Bauchspeicheldrüsenkrebs eine der Krebsarten mit dem höchsten medizinischen Bedarf“, sagt Özlem Türeci, Mitbegründerin und Chefin von Biontech.

Etwa 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten sterben innerhalb von zwei Jahren, nachdem der Tumor festgestellt wurde. Auch nach einer Operation samt anschließender Chemotherapie haben nur 20 Prozent der so behandelten Patienten statistisch betrachtet eine Lebenserwartung von mehr als fünf Jahren.

Biontech setzt auf größere Studie gegen Krebs

„Wir stellen uns dieser Herausforderung, indem wir unsere langjährige Forschung im Bereich der Krebsimpfungen nutzen und neue Wege für die Therapie dieser schwer zu behandelnden Tumore beschreiten wollen“, sagt Türeci weiter. Die frühen Ergebnisse einer Phase-1-Studie, die jetzt bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorgestellt wurden, nennt die Biontech-Chefin ermutigend: „Wir freuen uns darauf, sie in einer größeren randomisierten Studie weiter zu untersuchen.“ Lesen Sie auch: Krebsforschung: Hilft Methadon bei der Therapie?

In der Studie mit 19 Patientinnen und Patienten, von denen 16 die mRNA-Therapie erhielten, wurden Sicherheit und Verträglichkeit des Wirkstoffes untersucht. „Die Studie bestätigte die technische Umsetzbarkeit des Ansatzes, bei dem für jeden einzelnen Patienten Tumorprofile erstellt werden, die als Grundlage für die Entwicklung eines individualisierten Impfstoffs dienen“, erklärt der leitende Studienarzt Vinod Balachandran.

mRNA steht für messenger-Ribonukleinsäure, auch Boten-RNA genannt. Der Körper selbst nutzt diese mRNA, um die in den Genen gespeicherte Informationen in chemische Prozesse zu übersetzen. Dieses Konzept nutzen auch mRNA-Impfstoffe. Mit ihnen werden Teile der Erbinformation, etwa eines Virus, in die menschliche Zelle geschleust. Dort regen sie die Produktion eines Erregerbestandteils an, worauf das Immunsystem reagiert. Weltbekannt wurde die mRNA-Technologie bei der erfolgreichen Entwicklung von Impfstoffen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2.

mRNA-Impfungen: Immunsystem soll mutierte Zellen bekämpfen

Ganz ähnlich funktioniert die Reaktion des Immunsystems gegen Krebszellen. Diese Zellen unterscheiden sich von normalen Zellen durch ihre Veränderungen an der Oberfläche. Das Ziel von mRNA-Impfungen gegen Krebs ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, die Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Vor allem bei Tumoren der Bauchspeicheldrüse hat der Körper Vinod Balachandran zufolge Probleme damit, dies selbstständig zu erreichen.

Laut Unternehmensangaben haben acht der 16 Probanden im Anschluss an die mRNA-Impfung Antikörper gegen ihre Tumorzellen entwickelt. Sie seien zudem eine „signifikant längere Zeit“ ohne Rückfall geblieben als jene Patienten, die keine Antikörper entwickelten, heißt es in einer Mitteilung von Biontech. Nur bei einem der 16 Patienten seien Nebenwirkungen dritten Grades mit impfstoffbedingtem Fieber und Bluthochdruck aufgetreten. Auch interessant: Wundermittel gegen Krebs - Was die Immuntherapie kann

Andere Nebenwirkungen dritten Grades oder höher seien nicht beobachtet worden. Balachandran: „Unsere bisherige Forschung und die Studie zeigen, dass das Immunsystem Antigene von Krebszellen erkennen kann und dass wir mRNA nutzen können, um T-Zellen auf diese Antigene zu trainieren.“

Dieser Artikel erschien auf morgenpost.de.