Berlin. Das Bundesverfassungsgericht hat die einrichtungsbezogene Impfpflicht am Donnerstag bestätigt. Die wichtigsten Infos zur Entscheidung.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach kann aufatmen. Die Impfpflicht in Kliniken und Pflegeheimen bleibt. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte eine Beschwerde gegen die Impfpflicht in Gesundheitsberufen ab.

Zwar greife die einrichtungsbezogene Impfpflicht in die körperliche Unversehrtheit ein, erklärte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag in Karlsruhe. Doch sei dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt, denn der Gesetzgeber verfolge den legitimen Zweck, vulnerable Menschen vor einer Infektion zu schützen.

Die Bundesregierung habe mit der Impfpflicht für Krankenhäuser und Pflegeberufe einen „angemessenen Ausgleich“ zwischen dem notwendigen Schutz von Risikogruppen in der Corona-Pandemie und den Freiheitsbeschränkungen für das Personal und die Menschen, die sich nun in diesen Berufsgruppen impfen lassen müssen, geschaffen. „Trotz der hohen Eingriffsintensität müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführenden letztlich zurücktreten“, beschließt das Verfassungsgericht in Karlsruhe.

Corona-Impfpflicht: Gesetz in der Kritik

Unumstritten ist das Gesetz dennoch nicht. Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht soll alte und geschwächte Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen. Sie haben ein besonders hohes Risiko, sehr schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken, aber zum Beispiel auch in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, Hebammen, Masseure und Physiotherapeuten mussten bis zum 15. März nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Neue Beschäftigte brauchten den Nachweis ab dem 16. März.

Fehlt der Impfnachweis, muss die Klinik, das Altenheim oder die Arztpraxis das Gesundheitsamt informieren. Es kann den Betroffenen verbieten, ihre Arbeitsstätte zu betreten oder ihre Tätigkeit weiter auszuüben. Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, gilt eine Ausnahme.

Die Pflicht hatte eine Welle des Protests ausgelöst. Dass Karlsruhe nun grünes Licht für diese Impfpflicht gibt, kann auch Folgen für eine mögliche Impfpflicht ab 60 Jahren haben. Im Eilverfahren hatten die Richter und Richterinnen in Karlsruhe diese zwar nicht beanstandet. Kritisch merkten sie im Februar aber an, dass im Gesetz nichts Genaueres zum Impf- und Genesenennachweis stehe.

Impfpflicht: Lauterbachs Prognose eingetroffen

Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) hatte kurz vor dem Urteil gesagt, er gehe davon aus, „dass die Rechtmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht tatsächlich bestätigt wird“. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte hingegen: „Sicherlich wird das Bundesverfassungsgericht die vom Gesetzgeber vorgesehene Rolle des RKI beanstanden.“ Es könne nicht sein, dass der Bundestag eine untergeordnete Behörde die Kriterien ausgestalten lässt. „Ob damit das gesamte Gesetz verfassungswidrig ist, darf bezweifelt werden.“

Nun ist der Beschluss da: Und die Fraktion Lauterbach darf sich dadurch gestärkt sehen. Ob das jedoch ausreichend Rückenwind für eine allgemeine Impfpflicht bedeutet, darf bezweifelt werden. Zuletzt fehlte dafür die Mehrheit im Bundestag.

Die Impfpflicht war in die Kritik geraten – auch weil sich viele Menschen trotz Corona-Impfung mit dem Virus infiziert hatten. Allerdings sehen Fachleute die Impfung noch immer als das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie an. Die Krankheitsverläufe sind nach Angaben von Studien mit einer Covid-Impfung deutlich milder, auch Risikogruppen wie ältere oder vorerkrankte Menschen sind demnach besser geschützt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de