Hamburg. Die Berichte von akuten Leberentzündungen bei Kindern haben zuletzt für Aufsehen gesorgt. Nun liegen Ergebnisse einer Umfrage vor.

Die alarmierenden Beobachtungen aus Großbritannien, nach denen viele Kinder zuletzt an einer akuten Leberentzündung erkrankt sind, lassen sich in anderen europäischen Ländern bisher nicht bestätigen. Das ist Ergebnis einer Befragung von 33 Leberzentren aus 21 Ländern, die das Europäische Referenznetzwerk für seltene Lebererkrankungen durchgeführt hat.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass nur eine Minderheit der Patientinnen und Patienten innerhalb der Gesamtgruppe der Kinder mit akuter Hepatitis tatsächlich eine Infektion mit Adenoviren aufweist. Insgesamt konnten die alarmierenden Beobachtungen aus Großbritannien nicht bestätigt werden“, teilte das Referenznetzwerk am Freitag (13.5.) mit.

Hepatitis bei Kindern – auch in Deutschland wurde über einen Fall berichtet

Zuletzt hatte die Weltgesundheitsbehörde WHO auf eine Zunahme von Berichten von schweren akuten Leberentzündungen unklarer Ursache bei Kindern seit Januar aufmerksam gemacht. Bei mehreren Jungen und Mädchen war notfallmäßig eine Lebertransplantation notwendig geworden. Auch aus Deutschland wurde von einem Fall berichtet, der sogar tödlich verlaufen war. Als mögliche Ursache waren Adenoviren in die Diskussion gebracht worden. Auch ein Zusammenhang mit dem Coronavirus war angenommen worden.

„Diese ersten Zahlen sind beruhigend“, kommentierte Dominic Lenz vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg und Leiter der Arbeitsgruppe Akutes Leberversagen die Ergebnisse der Abfrage. Es sei aber wichtig, die weitere Entwicklung gut im Auge zu haben.

Pandemie-Schutz könnte Immunität von Kindern verändert haben

„Wir kennen die Fallzahlen mit akutem Leberversagen aus den Vorjahren und wissen, wie wir damit umzugehen haben“, sagt der Projektleiter zu akuten Leberentzündungen bei Kindern, Prof Ruben de Kleine aus Groningen. Die Anzahl von Kindern mit einer Adenovireninfektion in dieser Gruppe sei sehr klein. Die dokumentierten Fälle würden nun genauer untersuchen. Zudem würde überwacht, ob die Zahlen anstiegen.

Prof. Ansgar W. Lohse, Leiter des Referenznetzwerks für seltene Lebererkrankungen und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf, ergänzt: „Es ist gut vorstellbar, dass durch den Lockdown und andere, international vorgenommene Pandemie-Schutzmaßnahmen die Immunität bei Kindern gegen Alltagsviren sich verändert hat.

In Einzelfällen kann dann eine normale Virusinfektion wie durch Adenoviren zu überschießenden Immunreaktionen führen.“ Dies scheine aber ein extrem seltenes Ereignis zu sein. Lohse: „Es gibt aktuell keine Hinweise für eine Verbreitung eines neuen gefährlichen Hepatitisvirus.“ (kai)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.