Berlin. Mit Off-Label-Impfungen können Kinder ab fünf Jahren geimpft werden. Eine Initiative hilft bei der Arztsuche. Der Andrang ist enorm.

Israel hat sie bereits, die Corona-Impfung für Kinder. Dort können Menschen im Alter von fünf bis elf Jahren seit vergangener Woche gegen das Coronavirus geimpft werden, ab Dienstag will das Land mit der Impfung rund einer Million Kinder beginnen. In den USA sind bereits Millionen Kinder gegen das Virus immunisiert worden.

In der EU und damit in Deutschland steht eine Zulassung eines Corona-Impfstoffes für Kinder noch aus. Hier können offiziell bislang nur Kinder ab 12 Jahren gegen eine Infektion geimpft werden. Der Hersteller Biontech/Pfizer hat die Zulassung seines Impfstoffs für die Fünf- bis Elfjährigen bereits beantragt.

Corona-Impfung für Kinder: Zulassung noch diese Woche

Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Freitag, er gehe davon aus, dass es bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA "am 25./26.11. zu der Zulassungsentscheidung für den Impfstoff für 5- bis 11-Jährige kommt". Da es sich beim Kinder-Impfstoff um eine geringere Dosierung handele, müssten von Biontech/Pfizer erst andere Fläschchen produziert und geliefert werden.

Alle EU-Staaten würden nach derzeitigem Stand um den 20. Dezember herum die erste Lieferung bekommen. Spahn rechnet damit, dass Deutschland in der Erstlieferung gut zwei Millionen Dosen erhalten wird. Damit werde man bei rund 4,5 Millionen Kindern in dieser Altersklasse die Erstnachfrage gut beantworten können.

Kinder gegen Corona impfen: Off-Label macht es möglich

Vielen Eltern dürfte das aber zu lange dauern. Sie wollen ihre Kinder mit einer Impfung gegen Corona schützen, vor allem, wenn diese an Vorerkrankungen leiden. Das ist auch ohne Zulassung des Impfstoffes möglich, im Rahmen sogenannter Off-Label-Impfungen.

Laut Robert Koch-Institut (RKI) werden dabei Arzneimittel verwendet, die in Deutschland zugelassen und damit "arzneimittelrechtlich verkehrsfähig" sind, also etwa der Biontech-Impfstoff. Sie werden allerdings "nicht in der zugelassenen Indikation, Population und/oder Dosierung verwendet".

Das RKI rät off-label impfenden Ärztinnen aber zu einer erweiterterten dokumentierten Aufklärung, "die auch über das Wesen einer solchen Behandlung informieren sollte, insbesondere darüber, dass das Arzneimittel nicht zur Behandlung von Covid-19 zugelassen ist". Die Ärzte sind zudem verpflichtet, unerwünschte Wirkungen zu melden.

Impfung gegen Corona: Inititative bringt Eltern und Ärzte zusammen

Wer sein Kind off-label impfen lassen möchte, steht schnell vor einer große Hürde: einen Kinderarzt zu finden, der die Behandlung anbietet. Initiativen wie "u12schutz.de" helfen dabei, Eltern und Ärztinnen zusammen zu bringen. Rund 60 Mediziner aus ganz Deutschland sind über die Plattform vernetzt. Eltern können auf der Internetseite ihren Namen und Kontakt hinterlassen und werden dann von impfenden Ärzten kontaktiert, wenn sich ein freier Termin in ihrer Region ergibt.

Die erste Kontaktanbahnung erfolgt anonym, aus Sicherheitsgründen. Dem ZDF sagte einer der Mitinitiatoren, Ärzte würden manchmal bedroht, wenn sie Kinder impften, oder mit Ärzten aus den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten verglichen.

Wien bietet Corona-Impfungen für Kinder ab fünf Jahren an

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    Kinder-Impfung: Bedarf schon jetzt enorm

    Der Bedarf an Impfungen für Kinder scheint unterdessen enorm. Die Seite der Initiative ist seit Sonntagnachmittag online, bis Montagvormittag haben bereits rund 7000 Eltern Interesse an einem Impftermin bekundet, wie die Initiative bei Twitter mitteilt. Rund 20.000 Kinder seien Deutschlandweit bereits off-label gegen Corona geimpft, heißt es außerdem auf der Internetseite der Initiative.

    Das andere Ziel von "u12schutz.de": Ärzte und Ärztinnen über Kinder-Impfungen aufklären, etwa über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Dokumentationspflicht und Dosierung des Impfstoffes. Die beträgt ein drittel der Dosierung für Erwachsene oder zehn Mikrogramm, wie aus der Zulassungsstudie von Biontech/Pfizer bekannt ist.

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    Impfstoff für Kinder: Keine schweren impfbedingten Nebenwirkungen

    Größere Sicherheitsbedenken einer Impfung von Kindern ab fünf Jahren mit dem Biontech-Vakzin gibt es bislang keine. Eine im "New England Journal of Medicine" veröffentlichte Evaluation beurteilt die Studie von Biontech/Pfizer, die Autorinnen und Autoren sahen "ein günstiges Sicherheitsprofil", es seien "keine schweren impfbedingten Nebenwirkungen beobachtet worden". Beobachtet wurden nur "milde und vorübergehende Reaktionen" wie Fieber, Schmerzen am Einstich, Müdigkeit oder Kopfschmerzen.

    Die Impfung sei sicher und effektiv, lautet das Fazit. Drei der geimpften Kinder erkrankten in der Beobachtungszeit an Covid-19, in der Kontrollgruppe waren es 16. Die Forscher beziffern die Wirksamkeit des Impfstoffs auf 90,7 Prozent. Herzmuskelentzündungen, wie sie nach breiterer Impfung von über Zwölfjährigen vereinzelt vorkamen, wurden in dieser, relativ kleinen, Probandengruppe nicht festgestellt.

    Impfung für Kinder: Umstrittene Behandlung

    Unumstritten sind die Impfungen für Kinder trotzdem nicht. Die Autoren der Studie weisen auf die bekannten Vorteile einer Impfung hin: Neben dem individuellen Schutz liefere eine Impfung auch einen Schutz für das Umfeld. Geimpfte Kinder tragen das Virus nicht mehr in ihre Familien, schützen damit auch Risikogruppen, wie die Großeltern. Auch die Initiatoren von "u12schutz.de" argumentieren unter anderem mit dem gesamtgesellschaftlichen Nutzen.

    Fred Zepp, Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), gab gegenüber der Deutschen Presse-Agentur aber zu bedenken, dass eine Kinderimpfung nur einen geringen Effekt auf die Übertragung des Virus zwischen Erwachsenen habe. Kinder gegen eine Infektionskrankheit zu impfen, die sie meist unkompliziert und ohne Komplikationen überstehen, sei immer "eine schwierige Entscheidung", sagt der Kinderarzt.

    Man dürfe nicht vergessen: "Ein großer Teil unseres Problems sind ungeimpfte Erwachsene. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wieder eine Stellvertreter-Diskussion zum Nachteil von Kindern haben", sagt Zepp. Die wichtigste Maßnahme zur Überwindung der Pandemie bleibt unverändert möglichst viele, "am besten alle Erwachsenen durch Impfung zu schützen." (mit dpa)