Nome. Zara Rutherford hat sich einiges vorgenommen - um genau zu sein, die ganze Welt. Als jüngste Pilotin ist die 19-Jährige dabei, die Erde zu umrunden. Nicht alles verläuft dabei ganz nach Plan.

Zara Rutherford friert. "Es ist ziemlich, ziemlich kalt hier", sagt die 19-Jährige in die Kamera ihres Laptops. Kein Wunder: Die Pilotin, die als jüngste Frau alleine die Welt umrunden will, sitzt zum Zeitpunkt des Gesprächs mit der Deutschen Presse-Agentur seit Tagen in Alaska fest.

Der Grund: Ihr Visum für den Weiterflug nach Russland war abgelaufen, weil die bisherige Reise nicht ohne Turbulenzen verlief.

Zu stören scheinen Rutherford die Turbulenzen jedoch kaum. Nie wieder im Leben werde sie wohl die Chance haben, eine Weile in Nome im US-Staat Alaska zu verbringen. "Das ist ein wirklich cooler Ort. Es ist atemberaubend, wirklich wunderschön", sagt sie im Interview. Über den Zoom-Bildschirm zeigt sie ein Video von einer gleißend leuchtenden Landschaft, das sie aus dem Cockpit aufgenommen hat. Nur Berge und dahinter ganz lange nichts. Aber Filmen und parallel ein Flugzeug lenken, geht das überhaupt? "Man kann schon mal ein Video machen, aber sich einfach nur zu entspannen und zu genießen, ist ziemlich rar - denn irgendwas ist immer."

Mitte August hob Rutherford, die als Tochter einer belgischen Mutter und eines englischen Vaters beide Staatsbürgerschaften hat, aus dem belgischen Ort Wevelgem ab. Zunächst ging es über Island nach Grönland und dann weiter Richtung Westen in die USA, nach Südamerika und schließlich zurück nach Norden - oft turbulenter, als die junge Pilotin es sich vorgestellt hatte.

Sie berichtet von heftigen Turbulenzen, als sie in Kalifornien mit starkem Rauch durch die Waldbrände zu kämpfen hatte, und technischen Pannen, bei denen sich die Räder des Flugzeugs nicht ausfahren ließen. Begeistert erzählt sie jedoch auch, wie sie über die Freiheitsstatue flog und auf dem John F. Kennedy Flughafen in New York landete. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal machen werde." Das Ultraleichtflugzeug, mit dem sie fliegt, gehört zu den schnellsten der Welt.

"Das ist auf jeden Fall eine große Herausforderung", erklärt der Pilot Justin Steinke, der an einer Flugschule in Deutschland tätig ist. "So ein kleiner Flieger wackelt viel mehr als ein großer."

Das Ziel von Rutherford lautet: Die jüngste Frau werden, die je allein um die Welt geflogen ist. Bislang hält diesen Rekord die in Afghanistan geborene US-Amerikanerin Shaesta Waiz, die den Planeten mit 30 Jahren umrundete. "Ich habe also elf Jahre Zeit", sagt Rutherford und lacht. Männlicher Rekordhalter ist ein 18-Jähriger - für sie auch ein Zeichen der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Die junge Pilotin hofft, mehr Mädchen für Naturwissenschaft und Luftverkehr begeistern zu können und unterstützt dafür zwei Non-Profit-Initiativen.

Bis zu ihrem Abflug hatte die Schulabgängerin, die eines Tages Astronautin werden will, noch alles präzise geplant: Sponsoren organisiert, Notfalltrainings absolviert, technische Übungen gemacht. Auch in der Schule habe man sich unentwegt auf irgendetwas in der Zukunft vorbereitet, Aufgaben für die nächste Woche oder Prüfungen in sechs Monaten. "Jetzt lebe ich völlig im Hier und Jetzt. Das war noch nie so. Es gibt nur Heute und Morgen, ich plane nicht für die anderen Tage."

Eigentlich wollte die Rekordanwärterin schon Anfang November wieder zurück in Belgien sein. Nun peilt sie Anfang Dezember an, aber ob das klappt, ist offen. Worauf sie sich am meisten freut, steht dagegen fest: ihre Familie, die Katzen und selbstgekochtes Essen. "Man ist überrascht, wie schnell man die Nase voll von Restaurants haben kann." Doch erstmal geht es, wenn alles klappt, nach Russland - und dann nach Japan, Indonesien, Thailand und in den Nahen Osten.

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