Berlin. Während der Pandemie verlängern einige Fitnessstudios Verträge trotz Kündigung. Was die Verbraucherzentrale verärgerten Kunden rät.

Fitnessstudios gehören zu den Freizeiteinrichtungen, die vom Verlauf der Corona-Pandemie besonders abhängig sind. Während Sportstudios während der vergangenen Lockdowns gänzlich schließen mussten, sind sie nun unter strengen Auflagen wieder in Betrieb.

Nach rund eineinhalb Jahren coronabedingter Pausen haben viele Mitglieder allerdings das Interesse an Innenaktivitäten verloren. Eine Kündigung wird in vielen Fällen vonseiten der Studios allerdings nicht akzeptiert. Die Verbraucherzentrale schlägt Alarm.

Fitnessstudios nehmen einseitige Vertragsverlängerungen vor

Unserer Redaktion liegt die Kündigung eines Mitgliedschaftsvertrags bei der Fitnessstudiokette FitX vor. Dieser wurde nicht nur fristgerecht gekündigt - die Kündigung zum 30. Juni 2021 wurde vonseiten des Studios auch bestätigt. Der Haken: Nach dem bestätigten Ende des Vertrags wurde die Laufzeit hinterher doch verlängert. Der Betroffene wandte sich über das Kontaktformular verärgert an den Kundenservice, der telefonisch offenbar zu keinem Zeitpunkt erreichbar gewesen ist. In E-Mails schilderte das Unternehmen schließlich, dass die Kündigungsbestätigung nicht mehr gelte - was auf die betrieblichen Konsequenzen der Pandemie zurückzuführen sei.

Adressiert an das FitX-Mitglied schrieben die Verantwortlichen: "Die Corona-Pandemie hat für uns alle starke Auswirkungen, sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich. Diese waren in ihrem Ausmaß und in ihrer Tragweite nicht vorauszusehen. Um diesen zu begegnen, müssen die Folgen von allen gemeinschaftlich getragen werden. Das Gesetz ermöglicht in §313 BGB für diese Fälle eine Anpassung des Vertrages. Dadurch können wir dir die ausgefallene Zeit an deinen Vertrag anhängen.

Unsere Vorgehensweise wird mittlerweile von einer großen Anzahl an Gerichtsurteilen gestützt. Die mit dieser Rechtsfrage beschäftigten Gerichte sind ganz überwiegend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Corona-Pandemie in die Kategorie der Störung der sogenannten 'großen Geschäftsgrundlage' fällt. Sie erklären einheitlich und eindeutig, dass eine Anpassung für das Mitglied finanziell zumutbar ist."

Gerichtsurteile entkräften Argumente des Studios

Rechtlich gesehen zitiert das Unternehmen lediglich frühere erstinstanzliche Urteile. Dem gegenüber stehen jedoch aktuellere Urteile. So hat das Amtsgericht Papenburg bereits im Dezember entschieden, dass eine Verlängerung eines Fitnessstudiovertrags rechtlich nicht möglich sei (Aktenzeichen 3 C 337/20). Ein Urteil des Landgerichts Osnabrück (Az. 2 S 35/21) vom 9. Juli 2021 bestätigt das vorherige Urteil des Amtsgerichts Papenburg. Weitere Urteile, die diese Rechtsauffassung bestätigen und einseitige Vertragsverlängerungen demnach ablehnen, stammen vom Amtsgericht Döbeln (Az. 3 C 878/20) sowie vom Amtsgericht Büdingen (Az. 2 C 611/20), jeweils von März und April dieses Jahres.

Weshalb die Kündigung dennoch zunächst bestätigt worden ist, geht aus dem Schreiben des Fitnessstudios nicht hervor. Eine Rückmeldung auf Anfrage unserer Redaktion steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus.

Verbraucherzentrale: Was im Falle einer einseitigen Vertragsverlängerung zu tun ist

Der Verbraucherzentrale liegen unzählige Fälle dieser Art vor: Demnach werden Kündigungen häufig nicht oder erst zu einem deutlich späterem Zeitpunkt gewehrt. Ein Manöver, das sich Mitglieder der Meinung der Berater nach zu urteilen nicht bieten lassen sollten.

"Die im Vertrag genannte Laufzeit gilt nach unserer Ansicht auch dann, wenn das Fitnessstudio wegen der Corona-Pandemie vorübergehend schließen musste", schreibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Homepage. Demzufolge sei es rechtmäßig nicht in Ordnung, die Monate, in denen die Einrichtungen schließen mussten, an das jeweilige Vertragsende anzuhängen. Eine solche Verlängerung sei ausschließlich im Einvernehmen mit den Verbrauchern möglich.

Vertragsanpassung laut Verbraucherzentrale nicht möglich

Zwar bestätigt auch die Verbraucherzentrale, dass in jüngster Zeit erstinstanzliche Urteile ergangen sind, die besagen, dass Firmen Verträge ohne Zustimmung der Kunden um die Zeit der Schließung verlängern können - diese Vertragsanpassung sei aus Sicht der Verbraucherzentrale allerdings nicht möglich. In diesen Fällen seien die Vorschriften, die tatsächlich zu einer derartigen Vertragsanpassung führen könnten, nicht pauschal anwendbar.

Die Verbraucherzentrale verweist ebenfalls auf das Urteil des Landgerichts Osnabrück sowie die Ansicht der Vorinstanz - des Amtsgerichts Papenburg -, spricht allerdings auch eine Warnung aus: Das Urteil des Landgerichts Osnabrück ist noch nicht rechtskräftig. Da es aktuell keine höchstrichterliche Entscheidung gibt, gehe man im Falle eines Gerichtsprozesses also trotz guten Argumenten dennoch ein gewisses Risiko ein.

Falls Studios im Gegenzug für die coronabedingten Schließungen eine kostenlose Verlängerung des Vertrags anbieten, handle es sich der Verbraucherzentrale nach zu urteilen für eine durchaus sinnvolle Lösung - sofern Mitglieder Interesse haben.

Fitnessstudio verlängert Vertrag: Das können Kunden tun

Beharren Mitglieder allerdings auf ihrer fristgerechten Kündigung, rät die Verbraucherzentrale: "Ab dem Zeitpunkt, an dem die fristgerechte Kündigung gilt, sollten Sie in jedem Fall die Zahlungen einstellen bzw. den Bankeinzug widerrufen.

  • Zahlen Sie per Lastschrift, können Sie gegenüber dem Fitnessstudio nicht nur die Kündigung erklären, sondern sollten ihm auch schreiben, dass Sie die Einzugsermächtigung widerrufen."
  • Sollte das Fitnessstudio trotzdem weiterhin die monatlichen Beträge abbuchen, können diese über das Kreditinstitut zurückgeholt werden.
  • Voraussetzt wird eine fristgerechte Kündigung, deren Eingang im besten Fall nachweisbar sein sollte.

Sollte es später zu einem Rechtsstreit kommen, dienen Einschreiben mit Rückschein oder der Sendebericht eines Fax-Geräts als Beweise. (day)