Hamburg. Manuela Freitag erzählt von ihrem Leben als Domina und Mutter. Von Ausgrenzung im Alltag und von den dunklen Geheimnissen ihres Berufs.

Als das Geschäft schlecht lief während des Lockdowns, dachte Manuela Freitag manchmal darüber nach: Was wäre eigentlich gewesen, wenn ...? Wenn sie nicht als Zwölfjährige zum ersten Mal in das Auto eines Freiers gestiegen wäre, wenn ihr die Schule mehr Freude gemacht hätte, wenn sie bei ihren leiblichen Eltern aufgewachsen wäre und nicht im Kinderheim? Hätte sie dann nicht mit zwölf Jahren das Gefühl gehabt, besser allein dazustehen und selbst ihr Geld verdienen zu müssen?

Doch wenn ein Kunde an ihrem Schaufenster vorbeigeht, reißt es sie aus diesen Gedanken. Sie muss sich konzentrieren, den Mann „kobern“, anlocken, in ein Gespräch verwickeln. Ist er erst einmal drin, wollen die meisten Männer auch „etwas ausprobieren“.

Prostitution in der Hamburger Herbertstraße: Einblicke in eine abgeschottete Männerwelt

Am Telefon stellt sie nüchtern fest: „Sich diese Was-wäre-wenn-gewesen-Fragen zu stellen, nützt ja nichts. Es ist alles so passiert und es lässt sich nicht mehr zurückdrehen.“ Über das Leben der Manuela, die sie nachts verkörpert, und über die Manuela, die sie im Alltag lebt, hat sie jetzt ein Buch geschrieben. Es trägt den Titel ihres Arbeitsortes, der Hamburger „Herbertstraße“, Deutschlands berühmtester Strich.