Palma. Auf Mallorca leben Zehntausende Deutsche. Doch wer es dort schaffen will, muss Rückschläge verkraften. Drei Auswanderer berichten.

Sonne, Meer, Spaß und jeder spricht Deutsch. So ungefähr stellen sich viele Auswanderwillige die Situation auf Mallorca vor. Doch wer sich wirklich traut überzusiedeln, wird schnell mit der Realität konfrontiert.

Im Gespräch mit unserer Redaktion berichten drei Auswanderer, wie sie das Leben auf der Insel meistern – und welche Gefahren lauern.

Der Fußballfan: „Viele schaffen es nicht“

Es passiert nicht allzu häufig, dass Deutsche auf Mallorca wie Volkshelden gefeiert werden. Wenn Ingo Volckmann das von ihm gebaute Stadion Estadio Balear betritt, gibt es mehr Applaus als bei einem Tor seiner Mannschaft. Volckmann ist seit sechs Jahren Präsident des Fußball-Drittligisten Atlético Baleares. „Wir haben gerade die beste Mannschaft seit meinem Amtsbeginn“, berichtet er aus dem Trainingslager in Marbella. Auch interessant:Mallorca: Diese Corona-Regeln gelten auf der Insel

Ingo Volckmann kam mit Kapital auf die Insel.
Ingo Volckmann kam mit Kapital auf die Insel. © Atletico Baleares

Volckmanns erster Mallorca-Abstecher missglückte. 1987 versuchte er sich an einer Disco in Cala d’Or. Der Erfolg war mäßig und so ging er zurück nach Deutschland, wurde Hotelier und betreibt eine Entlüftungsfirma. Mit Kapital kam er zurück nach Mallorca, kaufte zuletzt eine Wasserquelle auf der Insel und eröffnete einen Boxstall.

Um auf Mallorca bestehen zu können, meint der Berliner, brauche man vor allem ein zweites Standbein in Deutschland und Weitsicht. „In Mallorca ist fünf Monate Saison. In dieser Zeit muss man das Geld für die restlichen sieben Monate verdienen. Die meisten schaffen das nicht.“

Die Gastronomin: „Bloß nicht jammern“

1986 kommt Gerlinde Weininger auf die Insel und verliebt sich schnurstracks in einen Mallorquiner, mit dem sie immer noch verheiratet ist. 1988 eröffnen beide ihren ersten Laden: eine Tapasbar über der bekannten Diskothek Oberbayern. Der Erfolg bleibt über Monate aus. Dann rät ihr ein Gast, auf deutsche Speisen umzuschwenken. „Frikadellen, Schnitzel, Gulasch. Vielen Gästen war das Hotelessen zu ölig.“ Lesen Sie hier:Hitze auf Mallorca – Behörden mit wichtigem Appell

So entsteht über dem Oberbayern das Münchner Kindl. Die alles entscheidende Idee hat Weininger 1990. Sie besorgt sich eine damals sündhaft teure Satellitenschüssel. So ist sie die Erste weit und breit, die Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM zeigt. Mit deutschem Kommentar auf ARD und ZDF. Mittlerweile besitzt die 64-Jährige vier Restaurants auf Mallorca.

Gerlinde Weininger serviert deutsches Essen. Das Bild zeigt sie in einem ihrer Läden. Mit der gelben Wassernudel misst sie die Abstände zwischen den Tischen.
Gerlinde Weininger serviert deutsches Essen. Das Bild zeigt sie in einem ihrer Läden. Mit der gelben Wassernudel misst sie die Abstände zwischen den Tischen. © Ingo Wohlfeil

Für Auswanderer hat Weininger gleich mehrere Tipps parat. So rät sie in erster Linie zu absoluter Vorsicht. „Wer unerfahren ist, wird schnell über den Tisch gezogen.“ Zudem solle man das Pensum nicht unterschätzen. „Du musst hier härter und länger arbeiten und fang bloß nicht an zu jammern, denn freie Tage gibt es keine in der Saison.“

Und: Man solle stets einen Plan B in der Tasche haben. „Wenn das eine nicht klappt, klappt halt das andere.“

Der Techniker: „Nicht in der Blase hängenbleiben“

Marc-André Staegemann ist Radioprofi durch und durch. Aber keiner, den man über den Äther hört. Der 40-Jährige hat sich auf Sendesysteme spezialisiert, zum Beispiel auf Software zur digitalen Musikplanung. 2009 wird er von einem ehemaligen Arbeitgeber nach Mallorca empfohlen, heuert beim bekannten deutschen Sender „Das Inselradio“ als Technikchef an. Auch interessant:Mallorca: „Das fliegt uns alles jetzt schon um die Ohren“

2012 geht er nach Deutschland zurück. „Ich wollte mich technisch weiterentwickeln, auf Mallorca gab es dazu keine großen Möglichkeiten. Die ist in meinem Job aber lebensnotwendig, weil es ständig Innovationen in dem Bereich gibt.“ Er wechselt nach München, wird technischer Leiter von Radio Gong 96.3, bis es ihn mitten in der Pandemie wieder auf die Insel zieht.

Marc-André Staegemann: Spanischlernen ist Pflicht.
Marc-André Staegemann: Spanischlernen ist Pflicht. © Daniel Vulic / Das Inselradio

„Ich habe einfach das mediterrane Leben vermisst.“ Es wartet eine neue Aufgabe auf ihn, denn das Inselradio zieht um. Staegemann baut das neue Studio, das kurz vorm 25. Senderjubiläum eingeweiht wird.

Auch wenn er im Beruf hauptsächlich von deutschen Moderatorinnen umgeben ist: In seiner Freizeit vermeidet er heimatliche Klänge. „Ich habe 2009 als Allererstes Spanisch gelernt. Wer die Sprache nicht lernt, bleibt schnell in seiner Blase hängen und kommt da nicht mehr heraus. In Deutschland würde man so etwas Parallelgesellschaft nennen.“