Berlin. In “House of Cards“ spielte Robin Wright die knallharte US-Präsidentin. Im Interview erzählt sie jetzt über ihre erste Regiearbeit.

Mit "Abseits des Lebens" (ab 5.8. im Kino) zeigt sich "House of Cards"-Star Robin Wright zum ersten Mal als Kinoregisseurin, während sie vor der Kamera mit den Kräften der Wildnis kämpft. Doch diese Existenz in Wald und Bergen passt genau zum Charakter der 55-Jährigen, deren Schauspiel-Rollen von "Forrest Gump" bis "Wonder Woman" reichen. Großstädte und Computer dagegen sind für ihr Wohlbefinden weniger zuträglich.

Ihre Rolle in Ihrem Debüt als Kinoregisseurin, in dem Sie das Opfer eines Traumas spielen, ist ganz anders als in "House of Cards", wo Sie die harte US-Präsidentin gaben. Warum haben Sie sich gerade so etwas ausgesucht?

Robin Wright: Weil ich eben etwas ganz anderes als "House of Cards" machen wollte. Zu der Zeit, als ich das Angebot für "Abseits des Lebens" bekam, gab es in den USA eine ganze Reihe von Amokläufen. Die waren fast schon Normalität. Jeden Morgen fragte ich mich, wie diese armen Hinterbliebenen so etwas durchstehen. Dieses Skript drehte sich um eine Frau, die auch so eine persönliche Tragödie durchmacht. Und die Geschichte zeigt auf so wunderbare Weise, wie man dank der Güte anderer Menschen neue Hoffnung schöpfen kann. Diese Botschaft ist heute wichtiger denn je.

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Es gibt noch andere Anknüpfungspunkte zum Hier und Jetzt, da die Hauptfigur einen Zustand extremer Isolation erlebt. Wie kann man damit nach Ihrer Erfahrung fertig werden?

Wright: Indem wir uns aus dem Chaos der Gesellschaft, die so viele Forderungen an uns stellt, zurückziehen. Wir sollten uns nicht den ganzen Tag lang mit unseren Computern und Telefonen beschäftigen, sondern lieber die Natur erleben. Die hat heilende Kräfte. Nach denen bin ich regelrecht süchtig, und kann es nicht erwarten, wieder in diese majestätische Schönheit einzutauchen. Gerade wenn wir nicht mit den Menschen zusammen sein können, die wir lieben, ist das so was von hilfreich.

Allerdings ist das Leben in der Natur kein Zuckerschlecken, wie man auch im Film sehen kann. Können Sie das immer genießen?

Wright: Ich gebe zu, der Dreh war nicht gerade gemütlich. Das lag auch daran, dass wir in der Wildnis von Kanada waren, wo die Wetterbedingungen von einem Moment auf den anderen umschlagen konnten. Mitten im Sommer gab’s zum Beispiel binnen weniger Minuten heftige Schneefälle. Bei den Szenen, die in einem Waldfluss spielen, konnte ich nur zwei Einstellungen drehen, denn danach setzte gleich die Unterkühlung ein. Und Holz zu hacken, ist auch kein Vergnügen. Nach fünf, zehn Minuten waren meine Hände mit Blasen übersät.

Aber prinzipiell bin ich das Leben in der Natur gewohnt. Schon als ich ein kleines Kind war, gingen meine Eltern mit mir campen. Wir fuhren ständig durchs Land und schlugen unser Zelt auf.

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Wie hat dieses Naturleben Sie geprägt?

Wright: Ich habe einfach begriffen, dass ich ohne das nicht kann. Wenn ich mich zu lange in der Stadt aufgehalten habe, muss ich unbedingt wieder in den Wald oder an den Strand zurück. Da spüre ich wieder meine Seele und bin ganz bei mir selbst.

Für die Verwirklichung Ihres Selbst brauchen Sie ja jetzt offenbar auch die Regie. Wie haben Sie dieses Bedürfnis erkannt?

Wright: Als Schauspielerin bist du doch nur eine Marionette. Man gibt dir Anweisungen, dirigiert dich herum. Und nachdem ich das so viele Jahre gemacht hatte, wollte ich endlich meine eigene Geschichte erzählen. Abgesehen davon bin ich als Darstellerin ständig allein. Du machst da deine Solonummer und sprichst bei der Vorbereitung mit dem Spiegel. Als Regisseurin dagegen baust du einen Film gemeinsam mit allen Beteiligten. Ich kann mich noch erinnern, wie allein und isoliert ich mich als Schauspielerin gefühlt hatte. Beim Dreh geht’s ja noch, aber wenn du danach wieder nach Hause fährst, bist du in deiner persönlichen Blase.

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Wie kommen Sie da wieder heraus?

Wright: Ich habe das gelernt. Meine Kinder haben mir früher dabei geholfen. Die wollten natürlich ihre Mama zurückhaben, und da musst du dich zwingen, aus deiner Schale wieder herauszukommen. Aber es passiert nicht sofort. Denn du willst deine Rolle auch nicht sofort ziehen lassen. Du spürst so etwas wie Trennungsangst, während du gleichzeitig mit deinen Liebsten zusammen sein möchtest. Nur langsam schlüpfst du aus dieser Schauspiel-Erfahrung wieder heraus.

Wenn das so kompliziert ist, haben Sie jemals überlegt, die Schauspielerei gut sein zu lassen?

Wright: Nein, denn sie ist auch ein wichtiges Ventil für mich. Ich könnte nicht ohne sie überleben. Denn ohne die Freiheit, meine Gefühle da auszuleben, könnte mein persönlicher Dampfkochtopf explodieren.

Sie sind inzwischen – unter anderem nach einer Ehe mit Sean Penn – zum dritten Mal verheiratet. Was soll man machen, wenn der Kochtopf in einer Beziehung explodiert?

Wright: Erstmal muss man verstehen, dass jede Ehe sehr viel Arbeit bedeutet. Und dazu gehört auch, dass man erkennt, wenn man Mist gebaut hat. Du darfst da nicht die Schuld auf jemand anders schieben, sondern musst dich verletzlich machen und sagen "Es tut mir leid". Und in solchen Momenten bist du deinem Partner viel näher als zuvor.