Berlin. Robyn Crawford war zwei Jahrzehnte mit Whitney Houston befreundet. Jetzt hat sie ein Buch über ihre Beziehung zu Houston geschrieben.

Die offizielle Website Whitney Houstons zeigt ein Bild der 2012 gestorbenen Sängerin, das sich keiner bestimmten Karrierephase zuordnen lässt. Sie sieht lässig und glamourös zugleich aus. Es wirkt wie die idealtypische Schnittmenge ihrer ikonischsten Fotos.

Ihr gletscherweißes Lächeln erscheint jedoch seltsam festgefroren – mit dem Bild wird verkündet, dass ihre Konzertreihe in Las Vegas 2022 fortgesetzt wird. Richtig, Whitney Houston wird wieder auftreten – auferstanden als Hologramm. Es ist eine Initiative der Erbengemeinschaft der Musikerin, deren einzige Tochter kurz nach ihr starb.

Während in Las Vegas eine Whitney Houston auf der Bühne steht, die es so nie gab, verspricht Robyn Crawford einen wahrhaftigen Blick auf die Sängerin. Die beiden lernten sich als Teenager kennen. Zwei Jahrzehnte waren sie „Freundinnen, Geliebte, Komplizinnen und Kolleginnen“, schreibt Crawford in ihrem Buch „I Will Always Love You“, das jetzt auf Deutsch erscheint.

Whitney-Houston-Buch: „Wir dachten nicht in Kategorien wie lesbisch“

Wie die Hologramm-Show will auch die Autorin auf ihre Weise die letzten Bilder von Whitney Houston überlagern, die sich ins Gedächtnis eingebrannt haben: die eines zittrigen, ausgemergelten Drogenwracks. So betont Crawford in ihren Erinnerungen die verletzliche und fürsorgliche Seite der Sängerin.

„I Will Always Love You. Mein Leben mit Whitney Houston“ von Robyn Crawford.
„I Will Always Love You. Mein Leben mit Whitney Houston“ von Robyn Crawford. © goldmann verlaG

Ihre Geschichte ist aber aus heutiger Sicht vor allem deshalb so interessant, weil derzeit alle über Vielfalt und Minderheitenrechte reden. Damals aber war die Zeit noch lange nicht reif für ein solches Paar. Die Liebe zwischen Houston und Crawford war eine verbotene. Crawford wurde von Houstons Familie und Management bedroht und zum Schweigen verurteilt. Doch sie machte ihren Frieden damit.

„Wir dachten nie in Kategorien wie lesbisch“, erklärt Crawford. „Wir lebten nur unser Leben und hofften, es könnte für immer so weitergehen.“ Doch eines Tages, Houston stand kurz vor dem Durchbruch, suchte die Sängerin ihre Freundin zu Hause auf, überreichte ihr eine Bibel und erklärte, sie müssten aufhören, Sex zu haben: „Es würde unsere Reise zu schwierig machen. Wenn sie es herausfinden, werden sie es gegen uns verwenden.“

Crawford teilt sich mit Whitney Houston die Hotelsuiten

Die Freundschaft bleibt bestehen. Als Assistentin reist Crawford nun mit Houston durch die Welt, sie teilen sich die Hotelsuiten. Das sorgt für Spekulationen. Ein Anwalt Houstons ruft Crawford an, fragt sie: „Habt ihr eine sexuelle Beziehung?“ „Ich muss Ihnen nicht alles erzählen“, antwortet Crawford und berichtet Houston von dem Gespräch. Die rastet aus: „Du hättest einfach nur Nein sagen müssen!“

Schließlich trifft die Sängerin sich mit Promi-Männern wie Jermaine Jackson oder Eddie Murphy – und erzählt Crawford nichts davon. „Ich war nicht eifersüchtig“, so die Autorin. „Aber ich fühlte mich ausgeschlossen.“

Auch die neue ABC-Dokumentation „Superstar“ versucht, der „komplexen Hintergrundgeschichte“ der Soulpop-Legende gerecht zu werden – mit noch nie gesehenem Material, wie Produzent David Sloan mitteilt: „Wir haben versucht, die übliche Erzählweise zu aktualisieren und Whitney Houstons Einfluss auf die amerikanische Kultur zu beleuchten.“

Whitney Houston als „America’s Sweetheart“

„Sie ebnete den Weg für jede schwarze Künstlerin“, sagt R&B-Sängerin Brandy in der Doku. Houston erkannte präzise, welchen Regeln sie folgen musste, um es in den 80er-Jahren zum Mainstram-Star zu schaffen.

Unzertrennlich: Whitney Houston (l.) und ihre Freundin Robyn Crawford 1987 auf einer Yacht vor Australien.
Unzertrennlich: Whitney Houston (l.) und ihre Freundin Robyn Crawford 1987 auf einer Yacht vor Australien. © Goldmann Verlag | goldmann verlag

Sie inszenierte sich als „America’s Sweetheart“, nur eben mit dunkler Hautfarbe. Als sie 1992 den bösen Buben Bobby Brown heiratete und ihr das Leben immer mehr entglitt, fühlte Amerika sich verraten von seiner Vorzeige-Schwarzen. „Whitney Houston ist nur ein weiteres Crack-Wrack“, schrieb die „LA Times“ 2006.