Madrid. Auf Mallorca explodieren die Infektionszahlen. Die Delta-Variante breitet sich aus. Urlauber fragen sich, was aus ihren Reisen wird.

  • Die Corona-Lage auf Mallorca spitzt sich weiter zu
  • Spanien könnte womöglich bald zum Hochinzidenzgebiet hochgestuft werden, was Folgen für nicht-geimpfte Urlauber hätte
  • Ist der Mallorca-Urlaub jetzt in Gefahr?

Auf Malorca steigen die Corona-Zahlen weiter an. Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei über 112 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Insgesamt wurden 221 neue Corona-Fälle gemeldet. Mallorca ist damit weit entfernt von der wichtigen Inzidenz-Schwelle von 50. Lange Zeit hatte die Insel sogar weit darunter liegende Inzidenzen vorweisen können. Das änderte sich zuletzt schlagartig. Lesen Sie hier: Was bedeuten die steigenden Corona-Zahlen für meinen Mallorca-Urlaub?

Insel-Regierungschefin Francina Armengol ist deshalb wütend: „Wenn jemand vorhat, nach Mallorca zu kommen, um sich schlecht zu benehmen, dann sollte er besser gleich zu Hause bleiben.“ Der Zorn Armengols gilt jenen jungen Touristen, die mit ihren Partyexzessen im Juni dazu beitrugen, dass Mallorca gerade einen heftigen Corona-Rückfall erlebt. Ein Absturz, der durch unkontrollierte Fiestas und durch die Delta-Variante angefacht wurde. Und der die touristische Sommersaison auf der beliebten Urlaubsinsel in Gefahr bringen könnte. Fällt der Urlaub auf Mallorca ins Wasser?

Mallorca-Urlaub in Gefahr?

Dieses Szenario ist ein Albtraum für Hunderttausende europäische Urlauber, die im Juli oder August eigentlich ihre Ferien auf Mallorca verbringen wollen. Monatelang war die Lage stabil und die Zahl der Neuansteckungen extrem niedrig.

Doch ausgerechnet jetzt, zu Beginn der Hochsaison, explodieren die Infektionszahlen. „Eine Katastrophe“, heißt es aus der Hotelbranche, die zittert, dass Corona auch den zweiten Sommer in Folge ruinieren könnte. Die wirtschaftlichen Folgen für den Tourismus könnten „dramatisch“ sein, warnt Simón Pedro Barceló, Chef des mallorquinischen Hotelkonzerns Barceló.

Mallorca: Delta-Variante breitet sich aus

„Die Fallzahlen steigen schwindelerregend”, titelt die Zeitung „Diario de Mallorca“. Nach den letzten verfügbaren Daten hat sich die Wocheninzidenz auf der Baleareninsel binnen kurzer Zeit mehr als vervierfacht. Zuletzt lag die offizielle Sieben-Tage-Inzidenz bereits über 100 – Tendenz weiter steigend. Ab dem Grenzwert von 50 kann zum Beispiel Deutschland, der wichtigste Reisemarkt Mallorcas, eine Region zum Risikogebiet erklären. In Deutschland selbst liegt der Vergleichswert derzeit bei zirka fünf.

Auch interessant: So ist es im Corona-Quarantäne-Hotel auf Mallorca

Die hochansteckende Delta-Variante ist nach Angaben von Javier Arranz, Corona-Sprecher der Inselregierung, bereits für wenigstens 28 Prozent aller Ansteckungen auf Mallorca verantwortlich ­­– auch dieser Wert steigt rasant. In anderen spanischen Feriengebieten, wie etwa in Katalonien, wird der Delta-Anteil inzwischen auf 50 Prozent geschätzt.

Negativ getestete Schülerinnen und Schüler verlassen das Hotel
Negativ getestete Schülerinnen und Schüler verlassen das Hotel "Palma Bellver". Ausgelassene Feiern der Schüler hatten auf Mallorca zu einem großen Corona-Ausbruch geführt.

Deswegen wächst die Furcht, dass die Lage in Spanien, dem beliebtesten Ferienland der Deutschen, wieder außer Kontrolle geraten könnte: Werden die Trauminsel Mallorca und andere spanische Urlaubsgebiete demnächst ebenfalls vom deutschen Robert Koch-Institut (RKI) als Virusvariantengebiet eingeordnet? Wie dies zuvor schon mit Portugal geschah, wo Delta bereits der vorherrschende Virustyp ist?

Portugal-Rückkehrer mussten deswegen in Deutschland grundsätzlich in Zwangsquarantäne – sogar wenn sie geimpft sind und einen negativen Test vorweisen. Zehntausende Urlauber stornierten als Folge ihre Portugal-Ferien. „Ein schwerer Schlag“ für die portugiesische Reisebranche, sagt Joao Fernandes vom Fremdenverkehrsamt an der Algarve-Urlaubsküste. Gegen diesen Schritt spricht, dass das RKI vom Mittwoch an, Portugal zum Hochinzidenzgebiet herunterstuft. Somit entfällt die Quarantäne-Pflicht für vollständig geimfte Personen. Lesen Sie hier: Neue Hoffnung für Portugal-Urlauber.

Alltours-Chef: Mallorca ist „am Rande des Abgrundes“

Dennoch warnt Willi Verhuven, Chef des Reiseveranstalters Alltours, Mallorca als Virusvariantengebiet einzustufen. „Sollte das auch mit Mallorca passieren, dann ist die Sommersaison 2021 am Ende, und wir müssen die Hotels dicht machen“, sagte er. Verhuven sieht die Insel bereits wieder „am Rande des Abgrundes“. Er fordert ein Verbot des Sauftourismus, strenge Kontrollen und harte Strafen. Mallorcas Sperrstunde, die derzeit erst um zwei Uhr morgens beginnt, sollte nach Meinung Verhuvens wieder auf 23 Uhr vorgezogen werden.

Die Fallzahlen auf Mallorca steigen. Das könnte die Urlaubssaison doch noch bedrohen.
Die Fallzahlen auf Mallorca steigen. Das könnte die Urlaubssaison doch noch bedrohen. © Jame Reina/AFP

Portugal warb im Frühjahr, ähnlich wie Mallorca, mit sehr niedrigen Infektionszahlen und freute sich auf einen Neustart des Tourismus. Dieser Traum ist geplatzt: Die beiden meistbesuchten Urlaubshochburgen, Lissabon und die Algarve, wurden über Nacht wieder zum Hochrisikogebiet: Die Algarve weist inzwischen eine 7-Tage-Inzidenz von 284 Fällen pro 100.000 Einwohnern auf, der Wert für Lissabon liegt bei 269. Inzwischen gilt dort wieder eine nächtliche Ausgangssperre.

Situation auf Mallorca droht zu eskalieren

Es ist nicht auszuschließen, dass die Situation auf Mallorca ähnlich eskaliert. Tausende spanische Schüler waren im Juni an Mallorcas Playa de Palma gekommen, um dort ihren Schulabschluss zu feiern. Wenigstens 1800 von ihnen reisten anschließend mit einer Corona-Infektion wieder nach Hause. Auch eine Jugendgruppe aus Luxemburg, die sich auf Mallorca befand, steckte sich an. Ein Desaster für das Image des Mittelmeerparadieses, das damit wirbt, ein „sicheres Ferienziel“ zu sein.

Mallorca ist nicht der einzige Corona-Brennpunkt Spaniens. In der nordspanischen Ferienregion Katalonien mit der Costa Brava und der Mittelmeermetropole Barcelona sieht es noch schlimmer aus. Dort sprang die Sieben-Tage-Inzidenz auf 233 Fälle pro 100.000 Einwohner – Katalonien wurde deswegen von Deutschland gerade wieder zum Risikogebiet erklärt; das südspanische Andalusien mit der Urlaubsküste Costa del Sol ist laut RKI schon länger Risikogebiet. Auf der Kanareninsel Teneriffa ist der Inzidenzwert schon bei 132, im benachbarten Strandparadies Fuerteventura bei 98. Die landesweite Inzidenz Spaniens liegt inzwischen bei über 100.

Die Inzidenz liegt in Spanien wieder bei über 100.
Die Inzidenz liegt in Spanien wieder bei über 100.

Ganz Spanien meldet bedenkliche Corona-Zahlen

In ganz Spanien werden derzeit pro Tag Tausende neue Infektionsfälle gemeldet. Bedenkliche Zahlen, die an die hohen Ansteckungsraten früherer Viruswellen erinnern. Für Spanien ist es übrigens schon die fünfte Coronawelle, die nun über das Königreich rollt. Das Land gehörte in der Vergangenheit immer wieder zu den europäischen Hotspots.

Wie "Bild" berichtet, sorgen die steigenden Infektionszahlen auf Mallorca und Spanien für Unmut bei der CDU. So habe der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl in der Präsidiumssitzung der Partei am Montag darüber geklagt, dass die Stadien vollbesetzt seien, der Ballermann offen sei und Flugzeuge bis zum letzten Platz besetzt seien. "Unter Infektionsgesichtspunkten ist das mit dem Ballermann Wahnsinn", sagte Strobl demnach.

FDP kritisiert CDU-Politiker

Das Blatt befürchtet, die Regierung könnte Mallorca zum Virusvarientengebiet hochstufen. Somit wäre eine Quarantäne auch für doppelt Geimpfte wieder verpflichtend. Das sorgt für Kritik in den Reihen der FDP. "Weil niemand mehr weiß, was das eigentliche Ziel der Bundesregierung bei der Corona-Bekämpfung ist, meint offenbar mittlerweile jeder Unionspolitiker, Grundrechtsbeschränkungen ohne weitere Begründung fordern zu können“, sagte FDP-Politiker Wolfgang Kubicki zu "Bild".

Bundesaußenminister Heiko Maas hält die Corona-Lage in Spanien allerdings trotz steigender Infektionszahlen derzeit nicht für besorgniserregend. „Es gibt keinerlei Hinweise auf Entwicklungen, die befürchten ließen, dass wir in absehbarer Zeit wieder Entscheidungen treffen müssten, die dazu führen, dass deutsche Touristen in Spanien keinen Urlaub mehr machen können“, sagte Maas am Montag bei einem Besuch in der Hauptstadt Madrid. Es bestehe weiterhin Grund zur Vorsicht. Aber er gehe derzeit nicht davon aus, dass eine Wiedereinführung der Quarantänepflicht für rückkehrende Spanien-Urlauber kurz bevorstehe.

Spahn: Auch im Urlaub Corona-Vorsicht walten lassen

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    Als Trost bleibt in Spanien nur, dass die meisten Infektionsfälle sehr viel leichter als früher verlaufen. Zweifellos ein Erfolg der Corona-Impfungen, die auch in Spanien gut vorankommt. Annähernd 40 Prozent der Bevölkerung hat inzwischen den kompletten Impfschutz. Trotzdem liegen immer noch 2400 Covid-Patienten im Krankenhaus, etwa 600 davon auf der Intensivstation. Die Zahl der Einlieferungen ins Hospital nimmt nun ebenfalls wieder zu.

    Diese Entwicklung zeige, dass Corona noch lange nicht unter Kontrolle sei, mahnt Spaniens Virologen-Dachverband. Die Euphorie der spanischen Regierung, die bereits den Sieg über die Epidemie verkündete und deswegen kürzlich die Maskenpflicht im Freien eliminiert habe, sei wohl etwas verfrüht gewesen.