London. Der Labradoodle Digby ist Englands erfolgreichster Therapiehund. Mit seiner Gabe konnte er sogar eine Frau vor dem Suizid bewahren.

Ein Blick in diese Knopfaugen – und man kann keinen negativen Gedanken mehr haben. Digby ist drei Jahre alt und ein Labradoodle, also eine Mischung aus einem Labrador Retriever und einem Großpudel. Mit seinem herbstlaubbraunem, leicht gekräuselten Fell und seinem akkuraten Schnauzer ist er eine wahre Schönheit. Doch Digby ist kein verwöhnter Vorzeigehund.

Er arbeitet hart. Sein Job ist verantwortungsvoll – oftmals geht es um Leben und Tod. Digby ist Großbritanniens erfolgreichster Therapiehund und der erste seiner Art mit einem besonders heiklen Spezialgebiet: Menschen mit Depressionen, schweren Traumata bis hin zur Selbsttötungsabsicht. Auch dank Digby entscheiden sich diese Verzweifelten oftmals wieder für das Leben.

Feuerwehrmann Matt Goodman ist Digbys Herrchen.
Feuerwehrmann Matt Goodman ist Digbys Herrchen. © Devon and Somerset Fire and Rescue Service

Seinen letzten Einsatz hatte er am Dienstag in der Grafschaft Devon. Eine junge Frau drohte, sich von einer Autobrücke zu stürzen, wie die örtliche Feuerwehr laut „The Times“ mitteilte. Geschulte Polizeikräfte bemühten sich bei der Frau bereits um ein Gespräch, erreichten sie jedoch nicht. „Die Situation wurde immer besorgniserregender“, so der Sprecher.

Ein Feuerwehrmann hatte dann die Idee, Digby hinzuzuziehen, den „situationsentschärfenden Hund“, wie seine Berufsbezeichnung lautet. „Als Digby ankam, wandte die junge Frau ihren Kopf, um den Hund anzusehen – und lächelte“, berichtet der Sprecher. Es begann ein Gespräch über den Hund und seine Aufgaben für die Feuerwehr.

Die Polizisten fragten die Frau, ob sie vom Geländer herabsteigen möchte, um Digby kennenzulernen. „Wir waren hocherfreut, dass sie es tat“, erzählt der Sprecher. „Wir wünschen der Frau alles Gute für ihre Genesung.“ Sie kam in eine Fachklinik.

Hunde fangen Panikattacken ab

2018, also noch als Welpe, begann Digby mit Feuerwehrleuten zu arbeiten, die Einsätze bei extrem schweren Verkehrsunfällen hinter sich hatten und als Folge an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten. Unterstützt werden Digbys Einsätze von der Wohltätigkeitsorganisation Pets for Therapy, die den Labradoodle auch an Schulen, Sterbehospize und Krankenhäuser vermittelt.

Die Wirkung vom Therapiehunden ist gut belegt: Eine Studie der Universität Leipzig an 218 Patienten ergab etwa, dass sie sich nach einer Sitzung, in der ein Hund zugegen war, besser fühlten. Der Effekt war umso größer, je schlechter es den Patienten ging. Verschiedene US-Studien belegen, dass die Anwesenheit von Therapiehunden den Blutdruck senkt.

Anders als ein Assistenzhund, der meist körperlich Beeinträchtigten im Alltag hilft, bleibt ein Therapiehund nicht bei dem Patienten. Herrchen oder Frauchen sind in der Regel der Therapeut oder eine Mitarbeiterin der Einrichtung, die ihn zur Verfügung stellt.

Hunde spenden Lebensmut und Lebensfreude

Der Verein Vita Assistenzhunde e. V. allerdings startete ein Pilotprojekt, bei dem traumatisierte US-Afghanistan-Veteranen, die im Raum Wiesbaden leben, dauerhaft einen Labrador oder einen Golden Retriever zur Seite gestellt bekamen. „Die Erfolge waren sehr vielversprechend“, erklärt Sprecherin Laura Anthes.

„Viele litten an Panikattacken auf öffentlichen Plätzen. Der Hund erkennt die Signale einer aufkommenden Panik und sucht den Blickkontakt mit seinem Herrchen, was unmittelbar eine beruhigende Wirkung hat.“ Teilweise hätten die Hunde das Leben der Ex-Soldaten komplett umgekrempelt. „Einer konnte zuvor nicht mehr aus dem Haus gehen. Jetzt führt er wieder ein nahezu normales Leben“, erzählt Anthes.

Einige Therapiehunde erlernen spezielle Spiele, meist genügt jedoch die Interaktion. Denn ein Hund kommuniziert vorurteilsfrei und geradlinig – doppelte und indirekte Botschaften sind ihm wesensfremd. Seine Akzeptanz ist bedingungslos. „Hunde spenden Lebensmut, Lebensfreude, Lebensqualität und zeigen neue Lebenswege auf“, erklärt Expertin Anthes.