Berlin. Emma Coronel Aispuro heiratete den Drogenboss El Chapo an ihrem 18. Geburtstag. Jetzt steht sie selbst vor Gericht – und gibt alles zu.

Die „Kim Kardashian von Sinaloa“ wird sie genannt, nach der US-Glamour-Ikone und ihrem mexikanischen Heimatbundesstaat. Die ehemalige Schönheitskönigin Emma Coronel Aispuro wirkte einst in einer Reality-TV-Show beim Sender VH1 mit und entwarf eine eigene Modelinie. Sie selbst trug am liebsten spitze Stilettos, Prada und Louis Vuitton.

Ihre Luxusgarderobe hat sie nun eingetauscht gegen einen grünen Gefängnisoverall, kombiniert mit einer weißen Atemschutzmaske. So erschien sie vor Gericht in Washington. Die 31-Jährige ist die Ehefrau von Joaquín „El Chapo“ Guzmán, früher der mächtigste und gefürchtetste Drogenboss der Welt.

Coronel gab sich leidiglich als Trophäenfrau des Drogenbosses aus

Mit einem Verbrecher verheiratet zu sein ist noch kein Verbrechen. Und so spielte Coronel sich in Interviews zur naiven Trophäenfrau herunter. „Er hat mich mit Freundlichkeit und seinen guten Manieren erobert“, sagte sie über ihren Ehemann, der 33 Menschen eigenhändig getötet haben soll und dessen Sinaloa-Kartell nach Schätzungen für insgesamt 300.000 Tote verantwortlich ist. Mehr zum Thema: Mexikanischer Drogenboss „El Chapo“ muss lebenslang in Haft

2019 wurde der heute 64-Jährige in New York zu einer lebenslangen Haftstrafe plus 30 Jahren verurteilt. „Ich bin mir nicht bewusst darüber, dass er mit Drogen handelt. Ich liebe ihn“, sagte sie ein anderes Mal.

Drogenhandel: El Chapos Frau droht lebenslange Haft

Mit dieser gespielten Ahnungslosigkeit ist nun Schluss. Auf Spanisch bekannte sie sich vor Richter Rudolph Contreras in allen Anklagepunkten für schuldig. Die wären: Verschwörung zum Schmuggel von Drogen, Verschwörung zu Geldwäsche und Verletzung von US-Sanktionen gegen ihren Mann. Das Urteil fällt am 15. September. Coronel droht lebenslange Haft.

Drogenboss-Gattin Emma Coronel Aispuro 2019 in New York: Damals stand sie ihrem Ehemann Joaquín „El Chapo“ Guzmán bei seinem Prozess bei.
Drogenboss-Gattin Emma Coronel Aispuro 2019 in New York: Damals stand sie ihrem Ehemann Joaquín „El Chapo“ Guzmán bei seinem Prozess bei. © AFP | pencer Platt

Die 31-Jährige war am 22. Februar am Flughafen von Washington festgenommen worden und ist seitdem in Haft. Ihr wird auch vorgeworfen, zusammen mit anderen Guzmán bei der spektakulären Flucht aus einem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis im Jahr 2015 geholfen zu haben. Der 1,68-Meter-Mann hatte sich einen 1,5 Kilometer langen Tunnel zwischen Zelle und Freiheit graben lassen.

Ihre Unterstützung kommt dem Klischee der Gangsterbraut, die ihrem Gatten eine Feile im Kuchen versteckt in die Zelle schmuggelt, recht nahe. Sie verbarg in mitgebrachtem Essen eine Uhr mit GPS-Sender. Die ermöglichte es El Chapos Helfern, die Lage seiner Duschkabine auszumachen, des einzigen Bereichs seiner Zelle, der nicht videoüberwacht wurde. Auch interessant: Das Hemd von Drogenboss El Chapo ist ein Verkaufsschlager

Coronel bestach El Chapos Wärter

Seine Frau handelte mit Millionen aus Drogengeschäften, so die Anklage weiter, und wusch sie, indem sie Luxusimmobilien kaufte. Auch bestach sie Sicherheitskräfte im mexikanischen Gefängnis, die ihrem Mann das Leben hinter Gittern erleichterten. Später, vor Guzmáns Auslieferung an die USA im Januar 2017, soll sie eine weitere Gefängnisflucht mitgeplant haben.

Drogenbaron und Ausbruchskönig: El Chapo bei seiner Festnahme 2014 in Mexiko.
Drogenbaron und Ausbruchskönig: El Chapo bei seiner Festnahme 2014 in Mexiko. © picture alliance / AP Photo | Eduardo Verdugo

Im Prozess soll bewiesen werden, dass die Angeklagte führende Positionen im Kartell bekleidete und es sogar ganz leitete, wenn ihr Mann im Gefängnis war – trotz ihrer Jugend. Denn Coronel wurde hineingeboren in die düstere Welt der Drogenkartelle.

Bereits ihr Vater und ihr Onkel bekleideten hohe Positionen bei El Chapo. Als Teenager tanzt sie mit ihm bei einem Familienfest. Sie habe keine Ahnung gehabt, wer er sei. Dass er sein Geld nicht als Gehirnchirurg oder Anwalt verdient, wird ihr jedoch bewusst gewesen sein. An ihrem 18. Geburtstag wird sie die vierte Frau des damals 50-Jährigen. Lesen Sie hier: US-Star Sean Penn interviewte Drogenboss „El Chapo“

Frauen in Syndikaten emanzipieren sich

Die Geschichte der El-Chapo-Gattin beweist: Die Emanzipation hat auch Verbrecherbanden erreicht. Weibliche Mitglieder übernähmen in den Syndikaten heute „eine Vielzahl von Rollen“, heißt es zum Beispiel in einer Untersuchung der Universidad del Rosario in Bogotá. Laut der Studie bewegen sich Frauen zwischen der Rolle „des Opfers, des Objekts, der Protagonistin und der Akteurin“.

Zunehmend verantworteten Frauen Arbeiten aus dem mittleren Management wie die Organisation von Drogentransporten. Auch die Zahl der in Lateinamerika inhaftierten weiblichen Häftlinge mit Bandenhintergrund stieg laut der Studie zwischen 2009 und 2019 um 52 Prozent.

Welchen Weg Coronels kleine Zwillinge einschlagen, ist ungewiss. Wie schon ihre eigene Mutter war sie so schlau, für die Niederkunft in die USA zu reisen. Damit sind auch sie US-Staatsbürger.