Wiesbaden. Auf zwei Rädern bleibt es besonders gefährlich im Straßenverkehr, das gilt auch zu Corona-Zeiten. Ein Experte dringt auf Tempolimits und eine Empfehlung zum Tragen schützender Helme.

Zweiradfahrer haben in den vergangenen drei Jahrzehnten am wenigsten vom Rückgang tödlicher Verkehrsunfälle profitiert.

Von 1991 bis 2020 sank die Zahl der Verkehrstoten insgesamt um 76 Prozent, wie das Statistischen Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Bei Autoinsassen betrug der Rückgang 83 Prozent, bei Fußgängerinnen und Fußgängern 80 Prozent. Bei den Fahrern von Motor- und Fahrrädern war das Minus mit 55 und 54 Prozent deutlich geringer.

Das von der Bundesregierung selbstgesteckte Ziel eines Rückgangs der Gesamtzahl in der Dekade bis 2020 um 40 Prozent sei klar verfehlt worden, sagte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer. Mit Ausnahme der Corona-Zeit habe es seit 2010 statt einer Abwärts- eher eine Seitwärtsbewegung bei den Zahlen gegeben.

Der Verkehrsrückgang in der Corona-Pandemie hatte im vergangenen Jahr einen historischen Tiefstand gebracht: 2020 kamen nach vorläufigen Zahlen 2719 Menschen im Straßenverkehr ums Leben - 10,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Den stärksten Rückgang mit einem Minus von 14,2 Prozent gab es bei Autoinsassen. Die Zahl der getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger nahm um knapp 10 Prozent ab, bei den Radfahrerinnen und Radfahrern war der Rückgang mit 4,3 Prozent deutlich geringer.

Die Entwicklung zeigt sich auch langfristig: Der Anteil von Autoinsassen an den Unfallopfern sank seit 1991 deutlich von 60 auf 43 Prozent. Bei den Motorradfahrern erhöhte er sich dagegen von rund 11 auf 20 Prozent, bei den Fahrradfahrern gab es eine Verdopplung von 8 auf 16 Prozent.

Brockmann sagte, die schwächeren Verkehrsteilnehmer müssten mehr geschützt werden. In den Städten gelte dies für Radfahrerinnen und Radfahrer. Um an Kreuzungen Umfälle beim Abbiegen zu verhindern, müssten eigene Ampelphasen und freie Sicht geschaffen werden. Die Bundesregierung müsse es zudem Kommunen erleichtern, Tempolimits von 30 Stundenkilometern einzuführen.

Ein Drittel der tödlichen Radunfälle geschehe mit Pedelecs, die mit einem unterstützenden Elektromotor ausgestattet sind. Hier müsse nach technischen Möglichkeiten gesucht werden, um die Sicherheit zu erhöhen, vor allem für ältere Fahrerinnen und Fahrer. Zu begrüßen wäre ein gemeinsamer Appell auch der Fahrradbranche zum Helmtragen, sagte Brockmann.

Näher erforscht werden müsse zudem, warum vergangenes Jahr 40 Prozent der Radfahrer bei Unfällen außerhalb geschlossener Ortschaften ums Leben kamen. 60 Prozent der getöteten Radfahrer und 73 Prozent der getöteten Fußgänger starben 2020 innerorts. Knapp 90 Prozent aller getöteten Autoinsassen und mehr als 80 Prozent der getöteten Kraftradnutzerinnen und -nutzer waren außerorts unterwegs.

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